… auf dem Wissenschaftsblog der Universitätsmedizin Halle (Saale)!
Hier finden Sie in loser Folge aktuelle Berichte aus den Bereichen Forschung und Lehre der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Der Blog ist eine Ergänzung zur Internetpräsenz der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums Halle (Saale): www.medizin.uni-halle.de www.uk-halle.de
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Nach zwei Jahren pandemiebedingten Ausfalls lud die Medizinische Fakultät der Universitätsmedizin Halle (UMH) am Freitag erstmals wieder zum Forschungstag. „Ich freue mich, dass wir nach so langer Zeit endlich mal wieder persönlich zusammenkommen können“, kommentierte Dr. Mike Tostlebe vom Prodekanat für Nachwuchsförderung am Freitag vor Ort. Eine digitale Ausrichtung habe man in den letzten beiden Jahren zwar erwogen, aber wieder verworfen: „Das lebt ja hier von der Stimmung im Hörsaal und vom direkten Austausch“. 220 Teilnehmende zählte der Organisator bei der siebten Ausgabe des Forschungstags.
Insgesamt 92 Nachwuchswissenschaftler*innen, die meisten von ihnen Doktorand*innen an der UMH, nutzten die Gelegenheit, um im Hörsaalgebäude des Uniklinikums (UKH) ihre Arbeiten zu präsentieren. Zehn von ihnen beteiligten sich mit einer Präsentation an einer der beiden Vortragssessions. Außerdem hatten 82 Teilnehmende Poster vorbereitet, die in zwei Begehungen am Vormittag und am Nachmittag im Gang vor den Hörsälen gezeigt wurden. Die Präsentierenden hatten dort die Gelegenheit, ihre Forschungsergebnisse der wissenschaftlichen Jury und weiteren Interessierten vorzustellen und ihnen Rede und Antwort zu stehen. Die Jury, bestehend aus Professoren und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen der UMH, beurteilte Vorträge und Poster nach festgelegten Kriterien und kürte die besten Beiträge.
Den Auftakt der Veranstaltung bestritt der Dekan der Medizinischen Fakultät, Prof. Dr. Michael Gekle, mit einem kurzen Diskurs über die Ziele und Motive beim Erlernen von Wissenschaft und Forschung. Wissenschaftlichkeit, so Gekle, sei ein konstitutionelles Element der gesundheitlichen Daseinsvorsorge. Er forderte die Nachwuchswissenschaftler*innen auf, neugierig und relevant zu forschen – wenn auch noch ein Titel dabei herauskäme, sei das natürlich kein Schaden.
Die anschließende erste Vortragssession drehte sich um Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Altersmedizin, mit Arbeiten aus den Bereichen Physiologische Chemie, Anatomie, Pflegewissenschaft, Orthopädie und Herzchirurgie. Moderiert wurde die Sitzung von Prof. Dr. Tino Prell und Dr. Kai Knöpp.
Ein bisschen Showtime zog in den Hörsaal ein, als im nächsten Programmpunkt Jun.-Prof. Dr. Tony Gutschner die „Elevator Speeches“ präsentierte: 15 Nachwuchswissenschaftler*innen bemühten sich in einem 60-sekündigen Kurzvortrag um die Gunst des Publikums. Der Kerngedanke einer Elevator Speech ist es, innerhalb einer Aufzugsfahrt einer wichtigen Person das eigene Thema nahe zu bringen – und dabei auch noch zu überzeugen. Anders als bei den Vorträgen und Posterpräsentationen konnten die Nachwuchswissenschaftler*innen hier auch mit rhetorischen Fähigkeiten, Charme und Witz punkten. Die Auswahl der preiswürdigen „Elevator Speeches“ oblag dem Publikum, das dem Ausmaß seiner Begeisterung durch Applaus Ausdruck verlieh.
Die Keynote des Forschungstags mit dem Titel „Reducing waste und increasing value in biomedical research“ hielt Prof. Dr. Ulrich Dirnagl, Direktor der Abteilung Experimentelle Neurologie an der Charité Universitätsmedizin Berlin. In der biomedizinischen Forschung würden mittlerweile viel zu viele und nicht immer nützliche Forschungsdaten produziert – in seinem Vortrag beschäftigte sich Dirnagl mit Möglichkeiten zur Verbesserung dieses Zustands.
Am Nachmittag folgte die zweite Vortragssession mit Nachwuchsarbeiten zum Thema Onkologie, mit Vorträgen aus den Bereichen Innere Medizin IV, Neurochirurgie, Klinische Ethik am UKH und dem Krukenberg Krebszentrum Halle.
Mit p-Werten muss sich jeder*r mit quantitativen Methoden arbeitende Wissenschaftler*in auseinandersetzen, machen sie doch eine statistische Aussage darüber, wie signifikant ein behaupteter Zusammenhang ist. „Was Sie schon immer über p-Werte wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“ konnten die Teilnehmenden des Forschungstags am Nachmittag im Vortrag von apl. Prof. Dr. Wienke vom Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik erfahren.
Beschlossen wurde die Veranstaltung mit einem Fazit des Prodekans für Nachwuchsförderung Prof. Dr. Michael Bucher und der Preisverleihung. Die besten Nachwuchsarbeiten wurden mit jeweils 200 Euro, gestiftet durch den Förderverein der Universitätsmedizin Halle, prämiert.
Für die besten Vorträge wurden Lars Saemann (Herzchirurgie, „A Prediction Model for Contractile Function of Circulatory Death Donor Hearts Based on Microvascular Flow Shifts During Ex-situ Hypothermic Cardioplegic Machine Perfusion”) und Oleksandra Skorobohatko (Innere Medizin IV, „Charakterisierung des Oberflächenmarkers ROR1 als mögliches Target einer CAR-T-Zelltherapie im anaplastischen Schilddrüsenkarzinom“) ausgezeichnet. Die Preise für die besten Poster gingen an Anastasia Doroshenko (HLA-Labor), Désiré Klos (Physiologische Chemie), Julia Müller (Physiologische Chemie), Sophie Sand (Anatomie), Roland Jacob (Nachwuchsgruppe RNA-Biologie) und Julia Engel (Gynäkologie). Die Publikumspreise für die besten „Elevator Speeches“ nahmen Johanna Straube (Anatomie), Birte Gohde (Herzchirurgie) und Simon Graf (Radiologie) mit nach Hause.
Die Preisträger*innen des 7. Forschungstages der Universitätsmedizin Halle
„Alleine an der weltweiten COVID-19-Pandemie sieht man, wie wichtig ein schneller internationaler wissenschaftlicher Austausch ist“, sagt Professorin Dr. Heike Kielstein. Die Direktorin des Instituts für Anatomie und Zellbiologie der Universitätsmedizin Halle hat vor nunmehr sieben Jahren ein internationales Projekt speziell für Studierende angestoßen, das man durchaus als Vorzeigeprojekt bezeichnen kann, das international Anerkennung findet.
Der persönliche Austausch, wie hier der Besuch von Studierenden von der Columbia University in der halleschen Anatomie, ist aufgrund der Pandemie derzeit nicht möglich. Dafür helfen virtuelle Formate.
Gemeinsam mit ihrer Kollegin Prof. Dr. Anette Wu von der Columbia University in New York City, USA, entwickelte Kielstein ein Konzept, „Möglichkeiten zu schaffen, wissenschaftliches Arbeiten für unsere Studierenden frühzeitig zu internationalisieren.“ Hilfreich sei dabei, dass die anatomische Ausbildung an beiden Universitäten vergleichbar sei. Gemeinsame Präparationskurse und Diskussionsrunden mit Studierenden beider Institute über Skype bildeten 2015 den Anfang. „Als ein internationaler Austausch wissenschaftlicher, aber auch ethischer und gesellschaftlicher Themen“, so Kielstein.
Mit dem Abschluss eines Kooperationsvertrages zwischen den beiden anatomischen Instituten der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und ihrem Gegenpart, dem Vagelos College of Physicians and Surgeons an der renommierten Columbia University, nahm das Projekt 2018 nochmal an Fahrt auf. Inzwischen ist das Austauschprogramm „International Collaboration and Exchange Program“ (ICE), an dem seit 2015 bereits 277 Studierende aus Halle teilgenommen haben, auf 21 Universitäten in 14 Ländern auf vier Kontinenten angewachsen. „Und wir wachsen weiter“, sagt Kielstein.
Sie will ihre Studierenden in Halle ermutigen, global zu denken. „Wir haben in Halle ganz hervorragende Voraussetzungen für Gesundheitsforschung“, sagt sie. Und deshalb wollte die Professorin auch Halle unbedingt bei dieser internationalen Zusammenarbeit großer Universitäten dabeihaben. Ein Austauschprogramm für Studierende in New York, Sydney, Cambridge, Tokio, Hongkong, Barcelona – und auch Halle.
Jeweils etwa 15 Studierende des dritten Semesters aller beteiligten Universitäten nehmen an dem Projekt, das jedes Jahr im Wintersemester stattfindet, teil – „ausgewählt und handverlesen“, wie Kielstein betont. In diesem Jahr gebe es allerdings pandemiebedingt nur sieben Teilnehmende aus Halle. Die Studierenden werden in international bunt gemischte Dreier- oder Vierergruppen eingeteilt und treffen sich dann in regelmäßigen Video-Konferenzen, um über vorgegebene Themenbereiche zu diskutieren, sich auszutauschen und zu informieren. „Das reicht von Fragen zur jeweiligen Ausbildung, über Ethik, zu unterschiedlichen Gesundheitssystemen, Krankheiten wie COVID-19 oder Malaria bis hin zu großen gesellschaftlichen Herausforderungen, lokal bis global“, erklärt Kielstein.
Die studentischen Arbeitsgruppen suchen sich anschließend ein spezielles Thema, das sie zusammen ausarbeiten müssen. Für die Professorin steht dabei der internationale Austausch im Vordergrund. „Unsere Studierenden haben hier die einmalige Möglichkeit, schon im dritten Semester internationale Partnerschaften aufzubauen, von denen sie ihr gesamtes Leben profitieren können.“
Begleitet werde das Programm von monatlichen Vorträgen international namhafter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Anfang März gilt es für die Studierenden dann: In der „International Students Conference“ müssen beziehungsweise dürfen sie die Ergebnisse ihrer jeweiligen Arbeitsgruppen vor großem internationalen Publikum präsentieren – ein spannender Auftritt für die Drittsemester.
Im Sommersemester des dritten Studienjahres haben interessierte Studierende dann sogar noch die Möglichkeit eines ein- bis zweimonatigen Auslandsaufenthalts in einer der vielen anderen Universitäten des Programms – für einige Hallenser geht es dann nach Japan, Australien oder in die USA.
„Corona-bedingt musste dies 2021 leider ausfallen“, bedauert Kielstein, die aber hofft, dass dies 2022 fortgesetzt wird und auch wieder ausländische Studierende an ihrem Anatomie-Institut zu Gast sind – „und die Vorzüge unserer Unimedizin Halle kennenlernen“. Gefördert werde dieser Studierendenaustausch vielfach über das PROMOS-Programm mit Geld vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Mittlerweile gebe es in Halle auch eine Alumni-Gruppe ehemaliger Projekt-Teilnehmender, erzählt Kielstein. „Da wird beispielsweise mit Zimmern in einer WG-Wohnung geholfen oder auch mal ein Fahrrad für die Aufenthaltszeit in Halle bereitgestellt. Bei uns werden alle mit offenen Armen empfangen“, so die Mitinitiatorin. Ziel des Projektes sei es, zur Verbesserung der globalen Gesundheitswelt beizutragen, indem zukünftige Führungskräfte in den Bereichen Medizin, Zahnmedizin und Gesundheitswissenschaften mittels frühzeitiger internationaler Vernetzung, wissenschaftlicher Zusammenarbeit und Austausch vorbereitet werden. „Wir wollen den Studierenden klarmachen, dass Pandemien wie Corona nur gemeinschaftlich und international bekämpft werden können“, so Kielstein.
Zahlreiche Menschen sind dringend auf ein gespendetes Organ angewiesen, um weiterleben zu können. Wegen des Mangels an solchen Organen, der auch auf das Herz zutrifft, werden weltweit zunehmend Spender- und Spenderinnenherzen zur Transplantation verwendet, die nicht gänzlich optimal sind. Dazu gehören zum Beispiel unter bestimmten Voraussetzungen auch Herzen, die eine Ischämie, also einer Sauerstoffunterversorgung erfahren haben. Ein hallesches Forschendenteam rund um den Nachwuchswissenschaftler Lars Saemann und Prof. Dr. Gábor Szabó, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Herzchirurgie, hat nun ein Verfahren entwickelt, mit dem sich die Funktion solcher Spenderherzen durch eine mehrstündige Perfusion in einer Maschine mit einer neuartigen Lösung wiederherstellen lässt. „Nach der Entnahme des Herzens und bis zur Transplantation bei der empfangenden Person wird das Herz nach dem Tod des Spenders oder der Spenderin dauerhaft mit dieser Lösung durchströmt, die effektiver ist als eine Durchströmung mit Blut“, beschreibt Saemann die Ergebnisse der Laborversuchsreihe.
Urkunde über die Verleihung des Dudley Scholar Awards der American Heart Association
In einem Folgeprojekt wurde des Weiteren eine Methode entwickelt, mit der sich die kontraktile Funktion des Herzens nach der Maschinenperfusion vorhersagen lässt. „Das heißt, man kann vorhersagen, wie gut die Fähigkeit des gespendeten Herzens nach Transplantation sein wird, sich zusammenzuziehen und anschließend wieder zu entspannen. Diese Fähigkeit ist beim Herzen besonders wichtig, um später im Körper des Empfängers oder der Empfängerin bestmöglich zu funktionieren und das Blut zuverlässig zu transportieren“, erklärt Saemann. Für seinen Beitrag auf der Jahrestagung der American Heart Association (AHA) ist Saemann mit dem “Paul Dudley White International Scholar Award” der AHA für den besten Beitrag aus Deutschland ausgezeichnet worden.
„Ich bedanke mich bei allen Mitwirkenden für die vielen innovativen Projektideen“, sagte Friedrich Lüder in seinem Grußwort zu Beginn der Festveranstaltung. „Wir haben damit starke Mittel in der Hand, vor allem den ländlichen Raum innovativ voranzubringen“, so das Beiratsmitglied des Bündnisses Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung (TDG) weiter. Am 6. Dezember feierte die TDG ihr zweijähriges Bündnisjubiläum – aufgrund der Corona-Einschränkungen als Onlineveranstaltung.
Und die Zwischenbilanz nach zwei Jahren fällt durchaus erfolgreich aus. 12,6 Millionen Euro Fördermittel konnten beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eingeworben und in 21 spannenden Projekten eingesetzt werden, wie TDG-Projektleiter Prof. Dr. Patrick Jahn, der auch Leiter der AG-Versorgungsforschung an der Universitätsmedizin Halle ist, in seinem Rückblick sagte. „Insbesondere die hohen 78 Prozent Start-Up-Beteiligung sind für ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben ein großer Erfolg des Bündnisses.“
Inzwischen sei die TDG zu einem breiten Bündnis von 102 Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft angewachsen. „Aber wir wollen weiterwachsen“, so Jahn, der ankündigte, dass im Februar 2022 die Entscheidung über die nächste Förderrunde für die zweite Umsetzungsphase der TDG im Rahmen des WIR!-Programms des BMBF anstehe. Dann geht es für 38 innovative Projektideen um die Finanzierung – und für das südliche Sachsen-Anhalt um den „Wandel von einer Problemregion zu einer Modellregion“.
Das TDG-Bündnis will ein „Innovationsökosystem“ für digitalisierte Gesundheitsversorgung und Pflege etablieren – von der Erforschung, Pilotierung bis zur Marktumsetzung. Der regionale Schwerpunkt liegt dabei im südlichen Sachsen-Anhalt, einem Gebiet, welches besonders vom Spannungsfeld demografischer Wandel und Gesundheitsversorgung betroffen ist. „Die Region soll zum Innovationsmotor für eine digitalisierte Gesundheitsversorgung – vor allem im Bereich der pflegerischen Versorgung – in Deutschland werden“, so das Bündnis auf seiner Webseite.
In der Kurzvorstellung der laufenden Projekte wurde die Vielfältigkeit deutlich. Dabei fokussiert sich die TDG auf drei zentrale Innovationsbereiche: digitale wohnortnahe Versorgungskonzepte, teilhabeförderliche digitalisierte Wohnformen bei Pflegebedürftigkeit sowie digitale Qualifizierungskonzepte für Fachkräfte und Angehörige.
Das Projekt „ADApp“ soll eine schnelle, zuverlässige, kontaktlose und flächendeckende Medikamentenversorgung der Bevölkerung auch für den ländlichen Raum ermöglichen. „Das E-Rezept mit Drohnen-Zustellung ist nur der Anfang eines digitalen Prozesses“, so Apotheker Martin Grünthal aus Dessau, der ADApp gemeinsam mit der Unimedizin Halle, der Hochschule Anhalt und dem IT-Dienstleister brain-SCC betreibt. „Gerade in Pandemie-Zeiten kann die Digitalisierung hier gute Dienste leisten“, so Grünthal. Mitte 2022 sollen die ersten Testflüge stattfinden.
Um die Entwicklung eines digitalen Therapieansatzes zur Atemtherapie und Stressreduktion nach überstandener COVID-19 Infektion geht es im Projekt „DigiVID19“. Katharina Dalko vom Dorothea Erxleben Lernzentrum der Universitätsmedizin Halle arbeitet hier mit dem Therapiezentrum LichterSchatten und 2tainment GmbH zusammen. Mit Hilfe einer Anwendung der virtuellen Realität (VR) soll die Therapie im Anschluss an die stationären Behandlungen im häuslichen Umfeld unterstützt werden. „Wir wollen damit niedrigschwellige Reha-Angebote erweitern, die vor allem im ländlichen Raum helfen, die medizinische Versorgung zu verbessern“, so Dalko.
Ein IT-gestütztes Koordinationssystem für kurzfristige, ehrenamtliche Hilfe zur Verbesserung der Pflegeinfrastruktur und wohnortnaher Versorgungskonzepte durch digitale Unterstützung entwickeln die Macher im Projekt „Elise“. Hier arbeiten brain-SCC, das Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Unimedizin Halle, der Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der MLU sowie die Halle-Neustädter Wohnungsgenossenschaft zusammen. „Ziel ist es, eine niedrigschwellige Informationsplattform entwickeln, um Hilfesuchende und Helfer besser zusammenzubringen“, so Gregor Schumann von brain-SCC. „All diese Innovationen können uns helfen, als alternde Gesellschaft autonomer zu leben“, so Thomas Wünsch in seinem Grußwort. Der Staatssekretär im Wissenschaftsministerium von Sachsen-Anhalt zeigte sich von der Arbeit der TDG begeistert und sagte weitere Unterstützung der Landesregierung zu. Auch Dr. Karsten Schwarz, der im Bündnis für die Koordination zuständig ist, bedankte sich für das Engagement aller Partner. „Die Verbindung von Digitalisierung und Pflege hat das Potenzial, die vielen demografischen und ökonomischen Herausforderungen unserer Region, in Lösungen und Perspektiven zu verwandeln.“
„Wir wollen Sie begeistern“, sagte Prof. Dr. Stefan Plontke als er die Studierenden in den Hörsälen des Lehrgebäudes am Universitätsklinikum Halle begrüßte. Diesen Donnerstag (2. Dezember) fand die letzte Veranstaltung der diesjährigen, bereits 8. Auflage der „OP-Wochen“ statt, bei denen gängige Standardoperationen live aus dem OP gezeigt werden. Pandemiebedingt diesmal nur an vier statt an acht Tagen und mit strengeren Zugangsvoraussetzungen. „Aber es lief alles sehr diszipliniert ab. Der Fachschaftsrat Medizin hat das eigenverantwortlich sehr gut gelöst und Anmeldungen wie Nachweise gemanagt“, lobte Plontke. Statt sonst brechend voller Hörsäle waren diesmal maximal 120 Studierende zugelassen.
Oberarzt Dr. Felix Kawan spricht direkt zum Publikum im Hörsaal. Dr. Felix Lindner und Prof. Dr. Stefan Plontke sind als Ansprechpartner im Hörsaal anwesend.
An diesem Donnerstag stand nach einer Knie-Operation mit Endoprothese am Montag, einer Augenhornhaut-Transplantation per Laser am Dienstag und einer laparoskopischen Speiseröhren-Operation am Mittwoch die Fixierung einer Wanderniere unter dem Einsatz des OP-Robotersystems „da Vinci“ auf dem OP-Programm. Zunächst stellte Funktionsoberarzt Dr. Felix Lindner von der Universitätsklinik und Poliklinik für Urologie der Universitätsmedizin Halle den Anwesenden die wichtigsten Informationen zur Patientin, dem Diagnoseweg und den Operationsvorgang vor.
Das OP-Team am Tisch, mittig sind die Arme des OP-Roboters zu sehen.
Operiert wurde eine 41 Jahre alte Patientin, bei der die Diagnostik als Ursache ihrer Schmerzen eine sogenannte Wanderniere feststellte. Bei bestimmten Körperhaltungen bzw. -bewegungen senkt sich das Organ ab und drückt dann auf den Harnleiter. Harnstau und Nierenbeckenentzündungen, die mit starken Schmerzen einhergehen, können die Folge sein. Auch eine verminderte Leistungsfähigkeit der Niere kann damit einhergehen – so wie bei der Patientin in Halle. „Sehr schlanke Menschen sind von solch einer Diagnose häufiger betroffen, weil das die Niere sonst umgebende Fettgewebe fehlt. Bei der Operation wird die Niere nun an ihrer eigentlichen Position fixiert, so dass sie nicht mehr absinken kann“, erläutert Lindner den anwesenden Studierenden in den Hörsälen. Die Operation müsse aufgrund der Schlankheit zudem sehr vorsichtig erfolgen. Nach den einleitenden Worten wird in den Operationssaal geschaltet, denn das ist das Einzigartige an den „Halleschen OP-Wochen“: Die Operation findet genau dann statt, die Studierenden können jeden Handgriff verfolgen, die an diesem Donnerstag der operierende Oberarzt Dr. Felix Kawan zudem direkt erklärt.
Oberarzt Dr. Felix Kawan steuert den OP-Roboter.
Das Besondere bei dieser OP ist, dass Kawan – anders als sein Team – nicht selbst am OP-Tisch steht, sondern an der Bedienkonsole des OP-Roboters „da Vinci“ sitzt, der an der Universitätsmedizin Halle seit 2014 im Einsatz ist. Dessen krakenartige Arme schweben über dem Körper der Patientin und werden von Kawan gesteuert. „Der Roboter macht nichts alleine, sondern nur das, was man ihm sagt“, so Kawan. Der Vorteil für Patientinnen und Patienten liege darin, dass sie neben geringerer Narbenbildung im Regelfall schneller wieder fit seien und weniger Schmerzmittel benötigen, weil die Eingriffe minimal-invasiv über einzelne kleine Zugänge, sogenannte Trokare, erfolgen. Darüber steuert Kawan die eigentlichen Instrumente – eine kleine Schere und eine Art Zange, die seine Hände ersetzen und filigranstes Arbeiten inklusive Nähen ermöglichen. „Es ist ein sehr, sehr intuitives System“, sagt Kawan, aber eine entsprechende Ausbildung am Gerät sei erforderlich. Die Stelle, an der er arbeitet, wird ihm über das Okular des Bedienelementes acht- bis zehnfach vergrößert und dreidimensional angezeigt. Das OP-Team am Tisch unterstützt ihn dabei, indem beispielsweise die Leber angehoben wird, um Bewegungsfreiheit zu schaffen. Ein anderes Instrument, umgangssprachlich „Schwiegermutter“ genannt, ist ebenfalls im Einsatz, was auch in den Hörsälen für Belustigung sorgt. Dabei handelt es sich um eine sehr scharfe Pinzette beziehungsweise Klemme, die ebenfalls dafür sorgt, Strukturen beiseite zu nehmen, um die eigentlich agierenden Roboterarme zu unterstützen.
Die Operation dauert in etwa eine Stunde. Die Niere wird vorsichtig und Schicht für Schicht von umliegendem Gewebe gelöst und dann mit einem Faden, der sich nicht auflöst, weiter oben von innen an die Bauchdecke genäht. Die Fäden sorgen dafür, dass die Niere nicht mehr wandern kann.
Die Studierenden haben, auch das zeichnet die OP-Wochen aus, während der gesamten OP die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Diese werden entweder von den Fachärzten im Hörsaal, aber auch von den Operateurinnen und Operateuren direkt beantwortet. Auch bei den letzten Handgriffen der Nieren-Fixierung tauchen Fragen auf, beispielsweise, ob auch Frauen Urologinnen werden können (selbstverständlich!) oder welche Komplikationen nach der Operation auftreten könnten. „Blutungen und anfangs auch noch einige Schmerzen sind möglich“, erläutert Dr. Lindner und wirbt am Ende für sein Fach: „Es ist ein kleines chirurgisches Fach, aber man arbeitet sehr viel endoskopisch und behandelt die Patientinnen und Patienten ganzheitlich. Das finde ich an diesem Fach super!“
Dr. Franziska Stephan erläutert dem ADApp-Projektteam die Rückmeldungen aus den Fokusgruppen-Befragungen und den Plan für die Gruppenarbeit. (Bildquelle: Universitätsmedizin Halle)
Der erste Drohnenflug war aufregend und hat für großes Interesse gesorgt. Doch beim Projekt „ADApp“ geht es nicht nur um den Transport von Medikamenten per Drohne, sondern vor allem um die Entwicklung einer Apotheken-Drohnen-App, eben einer ADApp, und um die praktische Umsetzung einer Medikamentenlieferung aus der Apotheke zur Patientin oder zum Patienten. Dabei sind viele Dinge zu berücksichtigen: Die Übermittlung des eRezeptes an die Apotheke, die Bestückung der Drohne und die zugehörige Logistik, aber eben auch, dass das Medikament bei der- oder demjenigen, wo es hinsoll, sicher ankommt.
Um mögliche Bedenken diesbezüglich zu erfahren, aber auch die Wünsche hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit zu eruieren, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätsmedizin Halle Diskussionen von Nutzergruppen, sogenannten Fokusgruppen, moderiert: Patientinnen und Patienten, Apothekerinnen und Apotheker, aber auch Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegefachkräfte. „All diese Gruppen haben aus unterschiedlichen Blickwinkeln eine Haltung zu dem Thema, die einbezogen werden soll. Denn es geht uns nicht nur um die praktische Umsetzung eines Medikamenten-Transports per Drohne, sondern auch darum, herauszufinden, wie es überhaupt um die Akzeptanz bestellt ist“, erläutert Dr. Franziska Stephan, ADApp-Projektkoordinatorin und Wissenschaftlerin in der AG Versorgungsforschung | Pflege im Krankenhaus an der Universitätsmedizin Halle.
Die nutzerzentrierte wissenschaftliche Begleitung übernimmt die Universitätsmedizin Halle. Zum wissenschaftlichen Part gehörte auch die Befragung der Fokusgruppen. Deren Auswertung fand in einem Workshop des ADApp-Teams im Digital Health Care Hub im Dorothea Erxleben Lernzentrum der Universitätsmedizin Halle statt.
Das Projektteam von ADapp tauscht sich über die Befragungen und weitere Schritte im Projekt aus. (Bildquelle: Universitätsmedizin Halle)
So stellte sich heraus, dass alle Gruppen nicht generell skeptisch sind, sondern berechtigte Fragen haben: Ist der Zustellprozess diskret genug, aber dennoch als wichtige Medikamentenlieferung ersichtlich? Was ist bei Mehrfamilienhäusern? Wie laut ist so eine Drohne und schadet die Lieferung beispielsweise der Vogelwelt? Ist die App leicht bedienbar und ginge es auch ohne Smartphone? Wie soll der Lieferprozess und die Vorhaltung von Drohnen logistisch bei den Apotheken umgesetzt werden? Wie verhindert man Vandalismus an den Drohnen? Und wer darf das Medikament entgegennehmen und den Empfang bestätigen, wenn es der eigentliche Patient nicht kann, weil beispielsweise ein gebrochenes Bein das verhindert? Und mit wem kommuniziert die Apotheke dann – mit einem Pflegedienst, einer Klinik oder mit dem Patienten? Letztere beiden Frage waren auch ein Thema, das insbesondere ambulante Pflegefachkräfte betrifft, die damit Wege zur Apotheke sparen könnten und somit Zeit für die Versorgung der Patienten gewinnen, wenn benötigte Medikamente direkt geliefert werden.
„Auch für die palliative Versorgung wäre das ein Plus. Wenn die Pflegefachkraft einen akuten Bedarf feststellt, kann sie bei den behandelnden Ärzten ein eRezept ordern, das mit der ADApp an die Apotheke übermittelt wird. Diese schickt das Medikament sofort per Drohne zum Patienten und die pflegende Person kann die ganze Zeit beim Betroffenen bleiben und das Medikament entgegennehmen“, beschreibt Martin Grünthal einen möglichen Anwendungsfall. Die Ärzteschaft, so zeigte die Befragung, wolle jedoch in die Kommunikation eingebunden sein, beispielsweise wollen sie über die Zustellung der Sendung informiert werden.
In zwei Gruppen wurde vom ADApp-Team erarbeitet, welche der Anregungen und geäußerten Kritikpunkte sich umsetzen lassen, welche nicht in der Hand der Projektbeteiligten liegen und für welche dieser Punkte für Folgeprojekte lohnenswert wären. „Die konkreten Ergebnisse der Fokusgruppenbefragung werden zum einen auch mit den Befragten selbst in weiteren Workshops diskutiert sowie in eine Publikation einfließen, die in den kommenden Monaten geplant ist“, sagt Franziska Stephan vorausblickend.
ADApp ist eines der Projekte, die vom Bündnis Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung (TDG) unter Leitung der Universitätsmedizin Halle für eine Förderung ausgewählt wurden. Die Projektidee kommt aus der Praxis – von Apotheker Martin Grünthal und Sirko Scheffler, Geschäftsführer der Firma Brain-SCC GmbH. Mit im Boot sind der Drohnen-Entwickler DiAvEn und die Hochschule Anhalt, die für den Bereich Logistik und die Integration der notwendigen Systemkomponenten als weiterer wissenschaftlicher Partner verantwortlich sind. Die ADApp stellt ein Novum für den deutschen Raum dar. Aktuell werden bereits Drohnen für die Gesundheitsversorgung zwischen Kliniken in Großstädten wie München oder auch zur Versorgung im ländlichen Raum beispielsweise in Westafrika eingesetzt. Das Besondere an ADApp ist, dass hier erstmalig der gesamte Versorgungsprozess von der Ausstellung des e-Rezeptes beim Arzt, über die Bestellung in der Apotheke bis zur Lieferung per Drohne direkt vor die Haustür der Patientin beziehungsweise des Patienten oder einer Einrichtung digital koordiniert werden kann.
Eine fiktive Situation, die sich aber so oder ähnlich künftig häufiger zutragen kann: Die Smartwatch von Schauspielpatientin Juliane Heinroth hat über einen Zeitraum von zwei Monaten mehrmals Alarm geschlagen, weil die Herzfrequenz sehr hoch war. Mit den Daten aus ihrer App geht sie zum Arzt und möchte das abklären, weil sie sich Sorgen macht. Der Mann einer Bekannten hätte das auch gehabt und sei eines Tages einfach umgekippt. „Plötzlicher Herztod“, schildert sie glaubhaft in ihrer Rolle ihre Angst. „Ich habe tatsächlich eine Smartwatch und konnte mich in die Situation gut reindenken“, sagte Heinroth im Nachgang des Übungsgesprächs.
Philipp Steinau in der Rolle des Arztes muss nun einschätzen können, wie aussagekräftig die Daten der Smartwatch sind, aber – und das wird deutlich – es ersetzt nicht das Patientengespräch, denn die Daten müssen in einen Kontext eingeordnet werden. Und so entscheidet sich Steinau dafür, dass die Schauspielpatientin ein EKG erhält und sich beim Auftreten auffälliger Werte auch Notizen macht, in welcher Situation sie sich befand. Später solle das dann ausgewertet und eine gegebenenfalls notwendige Behandlung eingeleitet werden.
CÄWIN – das ist der Name des Projekts „Digitalisierung in der Medizin – Curriculum für die ärztliche Weiterbildung“, in dem das erwähnte Gespräch als Teil des ersten Praxistags am Dorothea Erxleben Lernzentrum (DELH) der Universitätsmedizin Halle stattgefunden hat. „Uns hat sehr gefreut, dass sich neben den eigentlich angesprochenen Assistenzärztinnen und -ärzten auch Fach- und Oberärztinnen und -ärzte dafür angemeldet haben. Das zeigt, dass das Thema Digitalisierung in der Medizin als Weiterbildungsinhalt wahrgenommen wird“, sagt die wissenschaftliche Projektkoordinatorin Dr. Josefin Bosch, die das Curriculum zusammen mit der ärztlichen Koordinatorin Christiane Ludwig entwickelt hat. „Der erste Durchgang ist zunächst nur für Ärztinnen und Ärzte der Universitätsmedizin Halle vorgesehen, aber es wird angestrebt, diesen Kurs künftig regulär allen Ärztinnen und Ärzten anzubieten, die sich zu digitalen Themen in der Medizin weiterbilden wollen.“
Dr. Josefin Bosch erklärt am digitalen Whiteboard den Tagesablauf des ersten Praxistages des Weiterbildungsprojekts „CÄWIN“. Dieses soll Ärztinnen und Ärzte mit Digitalisierung in der Medizin vertraut machen.
Auch andere digitale Gesundheitsanwendungen, oder kurz DiGa, gewinnen an Bedeutung und werden mittlerweile per Verordnung auch von Krankenkassen übernommen, sozusagen „Apps auf Rezept“. Das Für und Wider dieser Entwicklung diskutierte eine zweite Gruppe zusammen mit Christiane Ludwig. „Der Behandlungserfolg muss nachgewiesen werden, das heißt, einfach nur per App Tagebuch führen reicht zur Zulassung einer DiGA nicht aus“, sagt Ludwig. Neben der Anwendung der „digitalen Helferlein“ brauche es somit auch die wissenschaftliche Auswertung mit Studien.
Außerdem ging es beim Praxistag um Vertiefungen in den Bereichen Telemedizin, Telematikinfrastruktur vor allem zur elektronischen Patientenakte, aber auch um die Perspektive der Patientinnen und Patienten. In den zuvor online absolvierten sechs Modulen hatten sich die Teilnehmenden bereits mit den theoretischen Grundlagen, zum Beispiel mit der Begrifflichkeit Digitalisierung, wichtigen digitalen Tools, Künstlicher Intelligenz oder auch ethischen Aspekten auseinandergesetzt.
Der Auftakt des Weiterbildungsprojekts „CÄWIN“ fand online mit allen Teilnehmenden statt.
„Unser Kurs soll grundlegende Kompetenzen der Digitalisierung in der Medizin vermitteln“, sagt Josefin Bosch. Damit ergänzt CÄWIN die Strategie der Universitätsmedizin Halle auch für den Bereich der Weiterbildung, denn im Medizinstudium in Halle gibt es mittlerweile ein verpflichtendes Digitalisierungs-Curriculum. „CÄWIN“ war 2020 vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft im Rahmen des Förderprogramms „Smart qualifiziert“ zunächst als eines von zehn Projekten für eine Förderung in Höhe von 10.000 Euro ausgewählt worden. Kurze Zeit später konnte es sich als eines von vier Projekten in einer finalen Runde durchsetzen und erhielt eine Förderung von 100.000 Euro.
Dr. Elisa Haucke (r.) ermittelte im Gespräch mit den Seniorinnen und Senioren die Alltagsherausforderungen und Bedürfnisse älterer Menschen. (Foto: Universitätsmedizin Halle)
Ohne Scheu wird die Küchenzeile aus Pappe in Beschlag genommen. Es werden der Backofen und der Geschirrspüler geöffnet, Messer und Gabel aus Pappe in die Hand genommen und der Kühlschrank inspiziert – ebenfalls aus Pappe. „Aber der ist eigentlich zu niedrig. Man kann sich im Alter einfach nicht mehr so gut bücken und kommt nur schlecht in die hinteren Bereiche“, kommen erste Hinweise vom Ehepaar Schmidt. „Alltägliche Aufgaben können gerade im Alter schnell zur Herausforderung werden“, erklärt Dr. Elisa Haucke, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Verantwortliche für das „Innovation Lab für digital unterstützte Gesundheitsversorgung“, das im Dorothea Erxleben Lernzentrum der Universitätsmedizin Halle untergebracht ist. „In unserem ‚Papp Labor‘ können wir ohne großen Aufwand nahezu jegliche häusliche Situation nachbilden und die Probleme gezielt identifizieren“, so die Wissenschaftlerin.
„Alltägliche Aufgaben können gerade im Alter schnell zur Herausforderung werden.“
Dr. Elisa Haucke
Zuvor hatte Haucke die Einführung in die Auftaktveranstaltung des „Innovations-Kultur-Sommers“ an diesem 3. August 2021 übernommen. An insgesamt acht Terminen werden in der Veranstaltungsreihe bis Ende September verschiedene Schwerpunkte zum Thema „digitale Gesundheitsversorgung“ gesetzt und ganz verschiedene Zielgruppen angesprochen, sich zu beteiligen. „Unsere Veranstaltungsreihe soll auch dazu dienen, die Herausforderungen zu identifizieren und gemeinsam Lösungen zu entwickeln“, erläutert Haucke. Dafür sei die Einbeziehung der Betroffenen sehr wichtig. An diesem 3. August waren es 14 Seniorinnen und Senioren, die in kreativer Atmosphäre über Probleme und Bedürfnisse in der Häuslichkeit sprechen konnten. Spannende Impulse gab es durch die Vorführung von bereits bestehenden innovativen Lösungen. Sie erfuhren etwas über Exoskelette, die unterstützen können, wenn die körperliche Kraft nachlässt oder über die Möglichkeiten der Unterstützung von Robotern im häuslichen Umfeld.
In drei Arbeitsgruppen diskutierten die Seniorinnen und Senioren bei der Auftaktveranstaltung des „Innovations-Kultur-Sommers“ die Bedarfe älterer Menschen im Alltag mit den Wissenschaftlerinnen der Universitätsmedizin Halle. (Fotos: Universitätsmedizin Halle)
Und die hatten auch sichtlich Spaß und Interesse an der Diskussion, gaben wichtige Anregungen und erläuterten auch die Probleme – zum Beispiel, die Bedienung des Herdes bei Seheinschränkungen oder die alltäglichen Herausforderungen durch ein nachlassendes Kurzzeitgedächtnis, wie Einkauflisten anfertigen und Merkhilfen schreiben. „Die persönlichen Erfahrungswerte von Senioren und Seniorinnen sind für uns wichtige Impulse um neue digitale Lösungen für den Autonomieerhalt im Alter zu entwickeln“, so Haucke. Die persönlichen Erfahrungswerte von Senioren und Seniorinnen sind für wichtige Impulse für die Forschenden der Universitätsmedizin und der Universität Halle, um digitale Lösungen zu erarbeiten und zu erforschen. „Je mehr Technik involviert ist, desto schwieriger wird es für die Anwenderinnen und Anwender, das muss man durchaus mitberücksichtigen“, so die studentische Mitarbeiterin Ivonne Kalter, die ebenso wie Charlotte Buch und Elisa Haucke den Workshop betreute.
Alle gesammelten Bedarfe und Herausforderungen fließen am 20. September in den „Ideathon“-Workshop ein, der erste Lösungsansätze liefern soll. Den Abschluss bildet am 30. September eine Filmvorführung. Der „Innovations-Kultur-Sommer“ wurde von der Univations GmbH mitinitiiert sowie vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und der Dieter-Schwarz-Stiftung unterstützt.
Alle Termine der Reihe finden Sie im Veranstaltungsflyer hier. Aus Kapazitätsgründen ist eine Anmeldung notwendig. Diese ist per E-Mail an anmeldung@univations.de möglich.
Mit einem Einstiegsworkshop hat die neue Workshop-Reihe „Gemeinsam die Zukunft gestalten“ von Universitätsmedizin Halle und Landesseniorenvertretung Sachsen-Anhalt begonnen.
Die Universitätsmedizin Halle und die Landesseniorenvertretung Sachsen-Anhalt haben die Workshop-Reihe „Gemeinsam die Zukunft gestalten“ ins Leben gerufen. Dazu hat nun ein virtueller Einstiegsworkshop unter dem Motto „Digital vernetzt durch die Pandemie“ mit breiter Beteiligung stattgefunden. In diesem wurden die Seniorinnen und Senioren an die digitale Kommunikationsmöglichkeit der Videokonferenz herangeführt.
Außerdem wurden ihnen die Projekte „Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung (TDG)“ und „Innovation Lab für digital unterstützte Gesundheitsversorgung“ vorgestellt. Das Ziel dieser Projekte ist die Verbesserung der Gesundheitsversorgung sowie der Autonomieerhalt im Alter mithilfe digitaler Technologien. „Dafür brauchen wir die Rückmeldungen, Anregungen und Ideen von Betroffenen, auch für neue Projekte innerhalb unseres TDG-Bündnisses“, so TDG-Koordinator Dr. Karsten Schwarz, der den Workshop zusammen mit Dr. Elisa Haucke betreut hat. Haucke ist verantwortlich für das „Innovation Lab“, das den Einsatz neuer Technologien in der häuslichen Umgebung erforscht.
„Die älteren Menschen in Sachsen-Anhalt stehen vor großen Herausforderungen. Besonders die Kontaktbeschränkungen während der Pandemiezeit machen die Arbeit der Landesseniorenvertreterinnen und -vertreter nahezu unmöglich“, sagt Angelika Zander, Vorsitzende der Landesseniorenvertretung Sachsen-Anhalt.
Damit die Arbeit auch unter Pandemiebedingungen aufrechterhalten werden kann, hat das Sozialministerium des Landes die Landesseniorenvertreterinnen und -vertreter mit Laptops ausgestattet. „Die Stimme der Senioren und Seniorinnen im Land ist wichtig. Mithilfe digitaler Werkzeuge können die Arbeit und die Kommunikation wiederaufgenommen werden. Auch über die Pandemie hinaus bieten digitale Technologien großes Potenzial für den Alltag älterer Menschen“, sagte Susi Möbbeck, Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration, die am Einstiegsworkshop teilnahm.
In Vorbereitung auf den Workshop wurden die einzelnen Laptops persönlich von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universitätsmedizin Halle übergeben und vor Ort mit den Beteiligten eingerichtet. Im Workshop selbst konnten die Landesseniorenvertreterinnen und -vertreter nach einer umfassenden Einführung die vielfältigen technischen Möglichkeiten ausprobieren und sich in virtuellen Breakout-Räumen auch mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über Einsatzpotenziale digitaler Technologen austauschen. „Ich freue mich sehr über die ausgelassene Atmosphäre und dass sich unsere Seniorenvertretung seit langem mal wieder sehen konnten. Wir freuen uns auf eine weitere Zusammenarbeit mit der Universitätsmedizin Halle“, so Zander.
Der nächste Workshop ist laut Schwarz und Haucke für Anfang Juni geplant. Darin soll gemeinsam erarbeitet werden, wie eine strukturierte und inspirierende Zusammenarbeit zwischen Universitätsmedizin und den Landesseniorenvertretern in Zukunft gestaltet werden kann.
In Zusammenarbeit mit dem IT-Servicezentrum (ITZ) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ist eine Online-Datenbank für die Meckelschen Sammlungen erstellt worden. Die Sammlungen, die sich im Institut für Anatomie und Zellbiologie der Medizinischen Fakultät befinden, verfügen über rund 8 000 medizinische und zoologische Exponate. Darunter sind einzigartige und medizinhistorisch äußerst wertvolle Präparate, die bis ins 18. Jahrhundert zurückgehen. „Alle vorliegenden Informationen zum Objekt sind nun erstmalig auf einen Blick verfügbar, wie Fotos des Objektes, die Präparatenummer und Datierung, historische Katalognummern und Etikettangaben, aber auch Hinweise zum Präparator, Provenienz, eine Beschreibung und Literaturangaben“, erläutert Institutsdirektorin Prof. Dr. Heike Kielstein. Die Online-Datenbank sei passwortgeschützt und für Forschende gedacht.
Die Datenbank dient einerseits der Bestands- und Zustandserfassung sowie der Sicherung der Präparate. Andererseits schließt sie auch die zum Teil damalige grafische Dokumentation der Präparate der Meckel-Ära ein. Sie kann nach unterschiedlichen Fragestellungen gerastert werden und ermöglicht so eine vertiefende wissenschaftliche Recherche. Claudia Steinicke, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Anatomie und Zellbiologie, hat bereits 7090 Exponate in der Datenbank erfasst. Hierbei konnten unter anderem drei Präparate der Wilhelm-Roux-Sammlung für Entwicklungsmechanik im Sammlungsbestand wiederentdeckt und dieser zugeordnet werden. Zusätzlich gelang anhand von Recherchen in den historischen Institutskatalogen bei 16 bisher undatierten Präparaten eine zeitliche Einordnung sowie bei fünf Präparaten eine Zuordnung des Präparators. „Zwangsläufig beschäftigt man sich bei der Eingabe der Informationen mit dem historischen Hintergrund der Exponate. Dies ist eine unglaublich spannende Arbeit, bei der man auch einmal auf kuriose Geschichten stößt“, so Steinicke.
Einige Exponate schlummerten in den Vitrinen eher im Verborgenen ohne überlieferte Informationen. Zu diesen „Neuentdeckungen“ gehören beispielsweise zwei Exponate eines bekannten Hermaphroditen, der im 19. Jahrhundert gegen Geld regelrecht auf Tour ging und bei zahlreichen europäischen Experten vorstellig wurde, um die Geschlechtszugehörigkeit von diesen begutachten zu lassen. Zu diesen und weiteren Exponaten mit besonderer Geschichte, die im Rahmen ihrer Recherchearbeit eruiert wurden, ist ein Büchlein geplant.
„Des Weiteren erfolgte auch eine erstmalige Inventarisierung der im Institut vorhandenen 276 Wachsmodelle der bekannten Firma Ziegler. Diese war zwischen 1852 und 1918 die kommerziell erfolgreichste Firma in der internationalen Produktion entwicklungsgeschichtlicher Wachsmodelle und erlangte mit der Teilnahme an Weltausstellungen, wie 1867 in Paris, 1873 in Wien und 1893 in Chicago, internationales Renommee“, so Kielstein weiter. Die Wachsmodelle werden derzeit noch fotografisch erfasst, sodass auch von diesen Modellen Fotos in der Datenbank vorliegen werden.
Auch heute dienen die Meckelschen Sammlungen, die seit 2015 zu den „National wertvollen Kulturgütern Deutschlands“ zählen, mit ihrem reichen Fundus Forschenden aus unterschiedlichen Disziplinen als Informationsquelle. So bearbeitet Claudia Steinicke beispielsweise Rechercheanfragen vom Centre for Heritage & Museum Studies in Canberra (Australien), von Walforschern aus Dänemark, der Kunstuniversität Linz oder der Klassik Stiftung Weimar.
Wissenschaftliche Anfragen können gerne per Mail (meckelschesammlungen@medizin.uni-halle.de) gestellt werden. Forschende können auch vor Ort in der Datenbank selbst recherchieren.