Wenn Biologen mit Genen Melodien erzeugen

Es erscheint ein wenig verrückt: Martin S. Staege kann mit Genen Musik machen. Das erinnert dann zwar vom Klang her teilweise eher an die Computerspiele der 80er Jahre, aber es geht hierbei weniger um Fragen der Ästhetik, als darum, Unterschiede zwischen verschiedenen biologischen Objekten hörbar zu machen. „Man kann die Stärke der Expression von Genen in Tonhöhe und Tonlänge umsetzen, um Melodien zu erzeugen“, sagt der vor kurzem zum außerplanmäßigen Professor (apl. Prof.) an der Medizinischen Fakultät Halle ernannte Biologe. Seine Forschungsergebnisse hat er in den Scientific Reports des Nature-Verlages publiziert (DOI: 10.1038/srep15281). Zudem wird er in einem Artikel zu musikalischen Genen des renommierten Journals Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) zitiert (DOI:10.1073/pnas.1601004113).PD_Staege_04_2016_web

Der Wissenschaftler leitet das Forschungslabor der halleschen Universitätsklinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin (komm. Direktor: PD Dr. med. Roland Haase) und forscht vor allem im Bereich der Genexpressionsanalyse pädiatrischer Tumorerkrankungen und deren Immuntherapie. Seit 2001 führt er hier auch sogenannte Microarray-Untersuchungen durch, mit denen aus kleinen Probenmengen in kurzer Zeit Analysen zur Erfassung der Genexpression möglich sind. Inzwischen verfüge man über umfangreiche Datensätze zu den unterschiedlichen Tumortypen, so Martin S. Staege. Und deren Genexpression ergibt, übersetzt in Musik, unterschiedliche Melodien.

An den musikalischen Genen und der Umsetzung dieser Idee – unabhängig von einer Handvoll anderer internationaler Forscher (siehe PNAS-Artikel) – hat er schon einige Jahre „immer mal wieder“ gearbeitet und die Idee mit anderen diskutiert, sagt er. Es gebe viele Bezüge zur sonstigen Forschung im Labor der Uni-Kinderklinik, denn man könne diese Methode für jede Fragestellung, bei der Microarray-Daten anfallen, nutzen und größere Datensätze analysieren. Eine Arbeit von apl. Prof. Staege, bei der die Methode zur Charakterisierung von Stammzelleigenschaften von pädiatrischen Tumorzellen eingesetzt wurde, erschien Ende Juni im Online-Journal „Stem Cells International“ als Teil einer Kollektion zum Thema „Cells of Origin and Cancer Stem Cells in Solid Tumors“ (DOI: 10.1155/2016/7674824). Weiterlesen

LöwenKIDS-Studie untersucht die Entwicklung des Immunsystems

Wenn Viren und Bakterien in den Körper eindringen und sich dort vermehren, spricht man von einer Infektion. Jedoch machen nicht alle Eindringlinge automatisch krank, denn sie müssen erst an der Abwehr des Körpers, dem Immunsystem, vorbei. In der Regel kann das Immunsystem gut zwischen schädlichen und weniger gefährlichen Erregern unterscheiden und diese – falls notwendig – bekämpfen. Allerdings muss das Immunsystem diese Fähigkeit erst erlernen, sie ist nicht von Geburt an vorhanden. Das ist einer der Gründe dafür, warum Kinder häufiger krank werden als Erwachsene.

Wie genau sich das Immunsystem entwickelt und wie gut es unseren Körper schützt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Diese Faktoren wollen Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig in der LöwenKIDS-Studie untersuchen. Als neuester Studienort ist nun Halle hinzugekommen. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik (IMEBI) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg werden unter der Leitung von Dr. Andrea Schmidt-Pokrzywniak ebenfalls Kinder im Rahmen der Langzeitstudie in ihren ersten Lebensjahren begleitet. „Es ist eine klinisch-epidemiologische Fragestellung, wofür das IMEBI das Expertenwissen besitzt“, so die hallesche Koordinatorin.

Seit dem Beginn im Februar 2015 wird die Studie bereits in Braunschweig, Wolfenbüttel, Wolfsburg, Hannover, Bremen und München durchgeführt. Insgesamt 700 Kinder sollen untersucht werden. „Wir wollen herausfinden, welche Auswirkungen Infektionen auf die weitere Entwicklung des Kindes, seines Immunsystems und spätere Erkrankungen wie beispielsweise Asthma oder Allergien haben“, sagt Studienkoordinatorin Dr. Evelyn Dorendorf vom Braunschweiger Helmholtz-Zentrum. Die Forscher wollen zu diesem Zweck Kinder von Geburt an begleiten und deren Erkrankungen in den ersten Lebensjahren erfassen. „Die Eltern sollen dazu ein Symptomtagebuch führen und uns einmal im Jahr sowie immer, wenn die Kinder krank sind, einen Nasenabstrich beziehungsweise eine Stuhlprobe schicken“, sagt Prof. Rafael Mikolajczyk, Leiter der Studie am Helmholtz-Zentrum. „Außerdem soll es eine intensiver untersuchte Gruppe geben, in der Nasenabstriche und Stuhlproben einmal in Quartal gesammelt werden. Idealerweise wollen wir die Kinder bis zum Grundschulalter oder sogar länger untersuchen.“

Auch in Halle können werdende Mütter im letzten Schwangerschaftsdrittel sowie Familien, deren Kinder nicht älter als drei Monate sind, an der Studie teilnehmen. „Die Studie kann ganz bequem zu Hause durchgeführt werden. Die Teilnehmer bekommen alles zugeschickt: Fragebögen, Probensets, das Symptomtagebuch“, sagt Dr. Andrea Schmidt-Pokrzywniak, Koordinatorin der Studie in Halle.

Hoher Bedarf an Gesundheitsförderung und Prävention an nicht-gymnasialen Schulformen: HBSC-Jugendstudie der WHO liegt in nun gedruckter Form vor

CoverHBSC-BuchDie Ergebnisse der aktuellsten Befragung im Rahmen der WHO-Jugendstudie „Health Behaviour in School-aged Children“ (HBSC) haben für einiges Aufsehen gesorgt. Nun liegt der Abschlussbericht in gedruckter Form im Beltz-Juventa-Verlag vor (ISBN: 978-3-7799-1991-9). Insbesondere an Mitarbeiter in der (Schul-) Sozialarbeit, Lehrer und politische Entscheidungsträger richtet sich die Publikation.

Die Leitung der Studie in Deutschland liegt bei Medizinsoziologe Prof. Dr. Matthias Richter von der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der auch einer der Herausgeber des Buches ist. Prof. Richter sowie die wissenschaftliche Mitarbeiterin Irene Moor verantworten im gedruckten Abschlussbericht das Kapitel zum Substanzkonsum, das heißt zu Alkohol, Tabak und Cannabis, von Jugendlichen.

„Dabei ist herausgekommen, dass der Konsum von regelmäßigem Alkohol und alkoholbedingten Rauscherfahrungen bei Jungen und Mädchen erfreulicherweise zurückgegangen ist“, sagt Prof. Richter. Beim Thema Tabakkonsum wurde festgestellt, dass Jungen zum einen weniger regelmäßig rauchen als Mädchen, aber auch insgesamt weniger als vor der letzten Befragung vor vier Jahren. Dafür trinken sie allerdings mehr Alkohol als Mädchen. Waren es vor vier Jahren noch 27,6 Prozent der 15-jährigen Jungen und 14,8 Prozent der gleichaltrigen Mädchen, die wöchentlich zu Alkohol griffen, sind es jetzt 19,4  beziehungsweise 8,3 Prozent. Im Gegensatz dazu stieg der Cannabiskonsum im Vergleich zur vorherigen Befragung unter Jugendlichen an. Weiterlesen