Zahlreiche Menschen sind dringend auf ein gespendetes Organ angewiesen, um weiterleben zu können. Wegen des Mangels an solchen Organen, der auch auf das Herz zutrifft, werden weltweit zunehmend Spender- und Spenderinnenherzen zur Transplantation verwendet, die nicht gänzlich optimal sind. Dazu gehören zum Beispiel unter bestimmten Voraussetzungen auch Herzen, die eine Ischämie, also einer Sauerstoffunterversorgung erfahren haben. Ein hallesches Forschendenteam rund um den Nachwuchswissenschaftler Lars Saemann und Prof. Dr. Gábor Szabó, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Herzchirurgie, hat nun ein Verfahren entwickelt, mit dem sich die Funktion solcher Spenderherzen durch eine mehrstündige Perfusion in einer Maschine mit einer neuartigen Lösung wiederherstellen lässt. „Nach der Entnahme des Herzens und bis zur Transplantation bei der empfangenden Person wird das Herz nach dem Tod des Spenders oder der Spenderin dauerhaft mit dieser Lösung durchströmt, die effektiver ist als eine Durchströmung mit Blut“, beschreibt Saemann die Ergebnisse der Laborversuchsreihe.
In einem Folgeprojekt wurde des Weiteren eine Methode entwickelt, mit der sich die kontraktile Funktion des Herzens nach der Maschinenperfusion vorhersagen lässt. „Das heißt, man kann vorhersagen, wie gut die Fähigkeit des gespendeten Herzens nach Transplantation sein wird, sich zusammenzuziehen und anschließend wieder zu entspannen. Diese Fähigkeit ist beim Herzen besonders wichtig, um später im Körper des Empfängers oder der Empfängerin bestmöglich zu funktionieren und das Blut zuverlässig zu transportieren“, erklärt Saemann. Für seinen Beitrag auf der Jahrestagung der American Heart Association (AHA) ist Saemann mit dem “Paul Dudley White International Scholar Award” der AHA für den besten Beitrag aus Deutschland ausgezeichnet worden.
„Ich bedanke mich bei allen Mitwirkenden für die vielen innovativen Projektideen“, sagte Friedrich Lüder in seinem Grußwort zu Beginn der Festveranstaltung. „Wir haben damit starke Mittel in der Hand, vor allem den ländlichen Raum innovativ voranzubringen“, so das Beiratsmitglied des Bündnisses Translationsregion für digitalisierte Gesundheitsversorgung (TDG) weiter. Am 6. Dezember feierte die TDG ihr zweijähriges Bündnisjubiläum – aufgrund der Corona-Einschränkungen als Onlineveranstaltung.
Und die Zwischenbilanz nach zwei Jahren fällt durchaus erfolgreich aus. 12,6 Millionen Euro Fördermittel konnten beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eingeworben und in 21 spannenden Projekten eingesetzt werden, wie TDG-Projektleiter Prof. Dr. Patrick Jahn, der auch Leiter der AG-Versorgungsforschung an der Universitätsmedizin Halle ist, in seinem Rückblick sagte. „Insbesondere die hohen 78 Prozent Start-Up-Beteiligung sind für ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben ein großer Erfolg des Bündnisses.“
Inzwischen sei die TDG zu einem breiten Bündnis von 102 Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft angewachsen. „Aber wir wollen weiterwachsen“, so Jahn, der ankündigte, dass im Februar 2022 die Entscheidung über die nächste Förderrunde für die zweite Umsetzungsphase der TDG im Rahmen des WIR!-Programms des BMBF anstehe. Dann geht es für 38 innovative Projektideen um die Finanzierung – und für das südliche Sachsen-Anhalt um den „Wandel von einer Problemregion zu einer Modellregion“.
Das TDG-Bündnis will ein „Innovationsökosystem“ für digitalisierte Gesundheitsversorgung und Pflege etablieren – von der Erforschung, Pilotierung bis zur Marktumsetzung. Der regionale Schwerpunkt liegt dabei im südlichen Sachsen-Anhalt, einem Gebiet, welches besonders vom Spannungsfeld demografischer Wandel und Gesundheitsversorgung betroffen ist. „Die Region soll zum Innovationsmotor für eine digitalisierte Gesundheitsversorgung – vor allem im Bereich der pflegerischen Versorgung – in Deutschland werden“, so das Bündnis auf seiner Webseite.
In der Kurzvorstellung der laufenden Projekte wurde die Vielfältigkeit deutlich. Dabei fokussiert sich die TDG auf drei zentrale Innovationsbereiche: digitale wohnortnahe Versorgungskonzepte, teilhabeförderliche digitalisierte Wohnformen bei Pflegebedürftigkeit sowie digitale Qualifizierungskonzepte für Fachkräfte und Angehörige.
Das Projekt „ADApp“ soll eine schnelle, zuverlässige, kontaktlose und flächendeckende Medikamentenversorgung der Bevölkerung auch für den ländlichen Raum ermöglichen. „Das E-Rezept mit Drohnen-Zustellung ist nur der Anfang eines digitalen Prozesses“, so Apotheker Martin Grünthal aus Dessau, der ADApp gemeinsam mit der Unimedizin Halle, der Hochschule Anhalt und dem IT-Dienstleister brain-SCC betreibt. „Gerade in Pandemie-Zeiten kann die Digitalisierung hier gute Dienste leisten“, so Grünthal. Mitte 2022 sollen die ersten Testflüge stattfinden.
Um die Entwicklung eines digitalen Therapieansatzes zur Atemtherapie und Stressreduktion nach überstandener COVID-19 Infektion geht es im Projekt „DigiVID19“. Katharina Dalko vom Dorothea Erxleben Lernzentrum der Universitätsmedizin Halle arbeitet hier mit dem Therapiezentrum LichterSchatten und 2tainment GmbH zusammen. Mit Hilfe einer Anwendung der virtuellen Realität (VR) soll die Therapie im Anschluss an die stationären Behandlungen im häuslichen Umfeld unterstützt werden. „Wir wollen damit niedrigschwellige Reha-Angebote erweitern, die vor allem im ländlichen Raum helfen, die medizinische Versorgung zu verbessern“, so Dalko.
Ein IT-gestütztes Koordinationssystem für kurzfristige, ehrenamtliche Hilfe zur Verbesserung der Pflegeinfrastruktur und wohnortnaher Versorgungskonzepte durch digitale Unterstützung entwickeln die Macher im Projekt „Elise“. Hier arbeiten brain-SCC, das Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Unimedizin Halle, der Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der MLU sowie die Halle-Neustädter Wohnungsgenossenschaft zusammen. „Ziel ist es, eine niedrigschwellige Informationsplattform entwickeln, um Hilfesuchende und Helfer besser zusammenzubringen“, so Gregor Schumann von brain-SCC. „All diese Innovationen können uns helfen, als alternde Gesellschaft autonomer zu leben“, so Thomas Wünsch in seinem Grußwort. Der Staatssekretär im Wissenschaftsministerium von Sachsen-Anhalt zeigte sich von der Arbeit der TDG begeistert und sagte weitere Unterstützung der Landesregierung zu. Auch Dr. Karsten Schwarz, der im Bündnis für die Koordination zuständig ist, bedankte sich für das Engagement aller Partner. „Die Verbindung von Digitalisierung und Pflege hat das Potenzial, die vielen demografischen und ökonomischen Herausforderungen unserer Region, in Lösungen und Perspektiven zu verwandeln.“
„Wir wollen Sie begeistern“, sagte Prof. Dr. Stefan Plontke als er die Studierenden in den Hörsälen des Lehrgebäudes am Universitätsklinikum Halle begrüßte. Diesen Donnerstag (2. Dezember) fand die letzte Veranstaltung der diesjährigen, bereits 8. Auflage der „OP-Wochen“ statt, bei denen gängige Standardoperationen live aus dem OP gezeigt werden. Pandemiebedingt diesmal nur an vier statt an acht Tagen und mit strengeren Zugangsvoraussetzungen. „Aber es lief alles sehr diszipliniert ab. Der Fachschaftsrat Medizin hat das eigenverantwortlich sehr gut gelöst und Anmeldungen wie Nachweise gemanagt“, lobte Plontke. Statt sonst brechend voller Hörsäle waren diesmal maximal 120 Studierende zugelassen.
An diesem Donnerstag stand nach einer Knie-Operation mit Endoprothese am Montag, einer Augenhornhaut-Transplantation per Laser am Dienstag und einer laparoskopischen Speiseröhren-Operation am Mittwoch die Fixierung einer Wanderniere unter dem Einsatz des OP-Robotersystems „da Vinci“ auf dem OP-Programm. Zunächst stellte Funktionsoberarzt Dr. Felix Lindner von der Universitätsklinik und Poliklinik für Urologie der Universitätsmedizin Halle den Anwesenden die wichtigsten Informationen zur Patientin, dem Diagnoseweg und den Operationsvorgang vor.
Operiert wurde eine 41 Jahre alte Patientin, bei der die Diagnostik als Ursache ihrer Schmerzen eine sogenannte Wanderniere feststellte. Bei bestimmten Körperhaltungen bzw. -bewegungen senkt sich das Organ ab und drückt dann auf den Harnleiter. Harnstau und Nierenbeckenentzündungen, die mit starken Schmerzen einhergehen, können die Folge sein. Auch eine verminderte Leistungsfähigkeit der Niere kann damit einhergehen – so wie bei der Patientin in Halle. „Sehr schlanke Menschen sind von solch einer Diagnose häufiger betroffen, weil das die Niere sonst umgebende Fettgewebe fehlt. Bei der Operation wird die Niere nun an ihrer eigentlichen Position fixiert, so dass sie nicht mehr absinken kann“, erläutert Lindner den anwesenden Studierenden in den Hörsälen. Die Operation müsse aufgrund der Schlankheit zudem sehr vorsichtig erfolgen. Nach den einleitenden Worten wird in den Operationssaal geschaltet, denn das ist das Einzigartige an den „Halleschen OP-Wochen“: Die Operation findet genau dann statt, die Studierenden können jeden Handgriff verfolgen, die an diesem Donnerstag der operierende Oberarzt Dr. Felix Kawan zudem direkt erklärt.
Das Besondere bei dieser OP ist, dass Kawan – anders als sein Team – nicht selbst am OP-Tisch steht, sondern an der Bedienkonsole des OP-Roboters „da Vinci“ sitzt, der an der Universitätsmedizin Halle seit 2014 im Einsatz ist. Dessen krakenartige Arme schweben über dem Körper der Patientin und werden von Kawan gesteuert. „Der Roboter macht nichts alleine, sondern nur das, was man ihm sagt“, so Kawan. Der Vorteil für Patientinnen und Patienten liege darin, dass sie neben geringerer Narbenbildung im Regelfall schneller wieder fit seien und weniger Schmerzmittel benötigen, weil die Eingriffe minimal-invasiv über einzelne kleine Zugänge, sogenannte Trokare, erfolgen. Darüber steuert Kawan die eigentlichen Instrumente – eine kleine Schere und eine Art Zange, die seine Hände ersetzen und filigranstes Arbeiten inklusive Nähen ermöglichen. „Es ist ein sehr, sehr intuitives System“, sagt Kawan, aber eine entsprechende Ausbildung am Gerät sei erforderlich. Die Stelle, an der er arbeitet, wird ihm über das Okular des Bedienelementes acht- bis zehnfach vergrößert und dreidimensional angezeigt. Das OP-Team am Tisch unterstützt ihn dabei, indem beispielsweise die Leber angehoben wird, um Bewegungsfreiheit zu schaffen. Ein anderes Instrument, umgangssprachlich „Schwiegermutter“ genannt, ist ebenfalls im Einsatz, was auch in den Hörsälen für Belustigung sorgt. Dabei handelt es sich um eine sehr scharfe Pinzette beziehungsweise Klemme, die ebenfalls dafür sorgt, Strukturen beiseite zu nehmen, um die eigentlich agierenden Roboterarme zu unterstützen.
Die Operation dauert in etwa eine Stunde. Die Niere wird vorsichtig und Schicht für Schicht von umliegendem Gewebe gelöst und dann mit einem Faden, der sich nicht auflöst, weiter oben von innen an die Bauchdecke genäht. Die Fäden sorgen dafür, dass die Niere nicht mehr wandern kann.
Die Studierenden haben, auch das zeichnet die OP-Wochen aus, während der gesamten OP die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Diese werden entweder von den Fachärzten im Hörsaal, aber auch von den Operateurinnen und Operateuren direkt beantwortet. Auch bei den letzten Handgriffen der Nieren-Fixierung tauchen Fragen auf, beispielsweise, ob auch Frauen Urologinnen werden können (selbstverständlich!) oder welche Komplikationen nach der Operation auftreten könnten. „Blutungen und anfangs auch noch einige Schmerzen sind möglich“, erläutert Dr. Lindner und wirbt am Ende für sein Fach: „Es ist ein kleines chirurgisches Fach, aber man arbeitet sehr viel endoskopisch und behandelt die Patientinnen und Patienten ganzheitlich. Das finde ich an diesem Fach super!“