Die Diplom-Psychologin Dr. Juliane Lamprecht und die Diplom-Soziologin Anja Thyrolf sind am vergangenen Freitag (2. September 2016) auf dem 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) in Frankfurt am Main mit dem Nachwuchspreis der Hans-Hench-Stiftung und der DGRh ausgezeichnet worden. Dieser ist mit 2.000 Euro dotiert. Die beiden Wissenschaftlerinnen, die am Institut für Rehabilitationsmedizin der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg forschen, haben den Preis für ihre Online-Befragung von Rheumabetroffenen erhalten. Anhand der Befragung konnten sie zeigen, dass die Teilhabe am sozialen Leben für Menschen mit Rheuma insbesondere aufgrund von kommunikativen Problemen in Gesprächen, welche die Betroffenen aufgrund ihrer Erkrankung oftmals führen müssen, gefährdet ist.
Mehr als 2.000 Menschen im gesamten Bundesgebiet, die von rheumatischen Erkrankungen betroffen sind, wurden zu krankheitsbezogenen Kommunikationsbarrieren befragt. 1.015 vollständige Fragebögen konnten dazu ausgewertet werden. Dabei wurde herausgefunden, dass mehr als die Hälfte der Betroffenen im Alltag Probleme hat. „Es geht nicht darum, dass sie über ihre Erkrankung sprechen, sondern über Probleme aufgrund der Erkrankung“, sagt Dr. Juliane Lamprecht. Viele hätten Probleme, ihre Rechte einzufordern und meiden Konflikte eher, weil sie sich in eine Rechtfertigungssituation gedrängt sehen. „Da geht es zum Beispiel um einen Sitzplatz im Bus, die Antragsstellung bei Behörden wie Krankenkassen oder Gespräche mit dem Arbeitgeber zum Thema Sonderurlaub oder Arbeitsausfall aufgrund ihrer Erkrankung“, erklärt Dr. Lamprecht.
Insbesondere Frauen und jüngeren Menschen fällt es schwer, gegenüber Behörden und Autoritäten wie Vorgesetzten selbstsicher krankheitsspezifische Aspekte zu kommunizieren, hat die von der Deutschen Rheuma-Liga unterstützte Erhebung ergeben. Deshalb sollen die Ergebnisse der Befragung dazu beitragen, in einem daran anknüpfenden Teilprojekt ein spezifisches Kommunikationstraining zu entwickeln. „In Rollenspielen trainieren die Betroffenen problematische Gesprächssituationen, die ihnen im Alltag begegnen. Um aber auch das gegenseitige Verständnis zu fördern, müssen sie in den Rollenspielen auch die Gegenseite einnehmen und lernen damit deren Perspektive auf die Situation kennen“, sagt Dr. Lamprecht. Nach der Evaluierung der Rollenspiele ist das Ziel, daraus eine Schulungsanleitung zu formulieren, die dann in den Selbsthilfegruppen der Deutschen Rheuma-Liga zum Einsatz kommen kann.
Die Hans Hench-Stiftung zur Förderung der Rheumatologie e. V. in Freiburg und die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie haben für herausragende wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der rheumatologischen Rehabilitation und Versorgungsforschung 2016 zum dritten Mal einen Nachwuchspreis in Höhe von 2.000 Euro verliehen. Namensgeber des Preises ist Hans Hench, Diplom-Ingenieur und Unternehmer aus Inzlingen. Er gründete im Jahre 1988 die Hans-Hench-Stiftung. Sie dient der „Förderung fortbildungswilliger Doktoranden, Diplomanden, Ärzte und Therapeuten, die nicht in der Lage sind, die dafür erforderlichen Kosten selbst aufzubringen“.
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) ist mit mehr als 1.500 Mitgliedern die größte medizinische Fachgesellschaft in Deutschland im Bereich der Rheumatologie. Sie repräsentiert seit mehr als 80 Jahren die rheumatologische Wissenschaft und Forschung und deren Entwicklung in Deutschland.