Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, das kann man in diesem Fall durchaus so sagen. Nachdem der Vortrag von Prof. Dr. Stefan Knapp Anfang des Jahres wegen Krankheit ausgefallen war, bildet er nun am Montag, 14. September 2015, 19 Uhr, den Auftakt für die Fortsetzung der internationalen Vorlesungsreihe „Krankheitsbiologie und Molekulare Medizin“ der Universitätsmedizin Halle (Saale).
Prof. Knapps Vortrag trägt den Titel „Selective targeting of epigenetic reader domains of the bromo-domain family“. Darin gibt er einen Überblick über das derzeit hochaktive Forschungsgebiet der epigenetischen Regulation und Deregulation bei Tumoren. Außerdem stellt er neueste Forschungsergebnisse seiner Arbeitsgruppe vor.
„Unsere Arbeitsgruppe interessiert sich insbesondere für molekularen Mechanismen, die Signalnetzwerke regulieren, und wie man hochauflösende Proteinstrukturen von Proteinen dazu benutzen kann, spezifische chemische Sonden zu entwickeln“, sagt Stefan Knapp. Als Grundlage für diese Arbeit habe die Arbeitsgruppe eine große Anzahl hochauflösender Kristallstrukturen von Molekülen gelöst, die bei der Signaltransduktion eine wichtige Rolle spielen. Ein Forschungsschwerpunkt liege dabei im Bereich der Proteinkinasen, Phosphatasen und Protein-Protein-Interaktionsdomänen wie zum Beispiel Bromodomänen, die spezifisch Acetyl-Lysin-Modifikationen im Chromatin erkennen und dadurch eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle von Genexpressionsprogrammen spielen. Ein weiterer Schwerpunkt sei die Entwicklung von spezifischen chemischen Sonden für Proteinkinasen, eine große Proteinfamilie, die eine Schlüsselrolle in Signalübertragungsketten spielt und deren Mitglieder insbesondere in Krebs oft mutiert und dereguliert sind, so Knapp.
Anliegen ist es, gezielte Medikamente und Therapiekonzepte zu entwickeln und da spielt die universitäre Forschung eine wichtige Rolle, weil sie in vielen Fällen die Grundlagenforschung übernimmt. „Die Entwicklung von Arzneimitteln vom Labor bis zur klinischen Zulassung dauert immer noch zehn bis 15 Jahre. Wir denken jedoch, dass eine bessere und unkompliziertere Zusammenarbeit zwischen akademischen Gruppen und der Industrie diese Zeitspanne erheblich verkürzen könnte. Einige Beispiele, wie wir solche Zusammenarbeiten gestaltet haben, werde ich in meinem Vortrag diskutieren“, kündigt Prof. Knapp an. Die International Lecture Series sei eine ausgezeichnete Idee. Er denke, dass durch diese Kontakte viele internationale Zusammenarbeiten zustande kommen werden. „Ich freue mich auf die Diskussion mit meinen Kollegen aus Halle – und hoffe, dass mein Besuch und Vortrag auch zu mehr Anknüpfungspunkten mit Forschungsgruppen in Halle führen werden“, sagt er.
Stefan Knapp war bis vor wenigen Monaten Professor für Strukturbiologie an der Universität Oxford, England, und gilt als einer der weltweit führenden Experten in der Untersuchung von krebsrelevanten Proteinkinasen, Phosphatasen und epigenetischen Modifikationserkennungsdomänen. Er hat Chemie in Marburg und in den USA studiert und in Schweden promoviert. Seit April ist er Professor für Pharmazeutische Chemie an der Goethe-Universität in Frankfurt/Main.
Die Vorlesungsreihe richtet sich unter anderem an Mediziner, Biologen, Bio-Informatiker, Biotechnologen und -chemiker, aber auch an die interessierte Öffentlichkeit. Die Vortragssprache ist Englisch. Der nächste Termin ist am 26. Oktober. Dann referiert Christian Eggeling, Physiker und ehemaliger Kollege von Nobelpreisträger Stefan Hell, zum Thema „High resolution (STED) microscopy of living cells“.
Veranstaltungsort ist der Festsaal des Stadthauses Halle, der Eintritt ist frei.