Wenn Laura Fröhlich über das Thema ihrer Masterarbeit spricht, gerät sie ins Schwärmen. Diese hat die Medizinphysikerin am Institut für Physik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg angefertigt, aber an der Universitäts- und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie des Universitätsklinikums Halle (Saale)
durchgeführt. Thema: „Virbotactile Thresholds and Bone Conduction Hearing Thresholds: A Comparison of Transducters” – das heißt, sie hat drei verschiedene Untersuchungsgeräte, sogenannte Knochenleitungswandler miteinander verglichen, die in Halle und international als die gängigsten in der Audiometrie, also Gehörvermessung, eingesetzt werden, um herauszufinden, wie das Hörvermögen des Innenohrs ist. „Diesen Vergleich hat bisher niemand gemacht“, sagt Fröhlich.
Für ihre Masterarbeit, aus der sie Teile bereits national und international publiziert und auf Fachvorträgen vorgestellt hat, sowie für ihr gesellschaftliches Engagement in der Betreuung ausländischer Gaststudierender und Gastwissenschaftler hat sie deshalb jüngst den mit 1.000 Euro dotierten Anton-Wilhelm-Amo-Preis der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg erhalten, der einmal im Jahr verliehen wird. Und auch den Nachwuchsforschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Audiologie und einen Vortragspreis der Spanisch-Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde hat sie bereits gewonnen sowie im Fachjournal Ear and Hearing (DOI:10.1097/AUD.0000000000000456) und demnächst auch bei PlosOne publiziert.
Doch zurück zum Inhalt der Arbeit: Die Wandler werden hinter dem Ohr auf den knöchernen Teil gesetzt und mit verschiedenen Frequenzen „bespielt“. Die getesteten Personen müssen sagen, ab wann sie einen Ton hören. „Ab einem bestimmten Pegel (Lautstärke)merkt man aber eher eine Vibration und hört keinen Ton, das ist aber teilweise schwer zu unterscheiden“, sagt die Medizinphysikerin. Sie habe ihre Tests deshalb mit nachweislich beidseitig gehörlosen Menschen durchgeführt, die nur die Vibration beziehungsweise Schwingung spüren konnten, um herauszufinden, ab welchem Pegel diese auftritt.
„Da die Menschen weltweit hauptsächlich mit den drei von mir untersuchten Geräten getestet werden, wollte ich auch herausfinden, ob es da Unterschiede gibt, denn das sollte eigentlich nicht sein. Die Hörschwellen sollten übereinstimmen“, sagt sie. Will heißen: Patienten sollten überall gleiche Ergebnisse erhalten, egal wo und mit welchem Gerät sie untersucht werden. „Das ist aber nicht so“, so die Nachwuchswissenschaftlerin.
Ihr Betreuer an der HNO-Klinik, apl. Prof. Dr. Torsten Rahne, lobt Fröhlich, die sich in ihrer Arbeit mit einem „klinisch äußerst relevanten Thema aus der Hörforschung“ befasst habe: „Zum einen wurden erstmals die Schwellenkraftpegel, ab denen die Schwingungen gefühlt werden können, systematisch untersucht. Diese Arbeit bildet somit eine Grundlage für die zur Verfügung stehende Dynamikbreite und die sich daraus ergebenden Limitationen der Knochenleitungsaudiometrie. Zum anderen stieß sie auf das Phänomen, dass die derzeit verbindliche, mit Arbeiten aus den 1970er beziehungsweise 80er Jahren unterlegte DIN-ISO-Norm zur Knochenleitungsaudiometrie an einigen Stellen nachgebessert werden muss.“
In Halle, sagt Fröhlich, werde ein Gerät eingesetzt, dass noch aus DDR-Produktion stamme und nicht mehr hergestellt werde. „Das wird aber gehegt und gepflegt. Zurecht, wie meine Arbeit auch zeigte, denn es hatte von allen dreien die besten Ergebnisse. Das heißt, Patienten, die hier am Universitätsklinikum in der HNO-Klinik getestet werden, bekommen eine sehr gute Untersuchung“, sagt die 26-Jährige. Mittlerweile gebe es ihres Wissens nach aber Bestrebungen, nach dem Vorbild des DDR-Gerätes neue zu bauen.
Laura Fröhlich fand schon zu ihrer Schulzeit im nordrhein-westfälischen Soest beide Bereiche, Medizin und Physik, toll. Dann sei ihr durch Zufall eine Broschüre der Studiengänge von der Agentur für Arbeit in die Hände gefallen und sie fand den Studiengang „Medizinische Physik“ – angeboten in Düsseldorf und Halle. Mit der Zusage für beide Universitäten entschied sie sich für Halle. „Weil mir die Stadt und die Uni sofort sympathisch waren“, sagt sie.
Zum Thema Hören ist sie dann über ein Praktikum an der HNO-Klinik während ihres Masterstudiums gekommen. „Das hat mich sofort wahnsinnig fasziniert. Hier kann ich meine kindliche Neugier ausleben und die interdisziplinäre Arbeit ist sehr, sehr schön“, sagt sie begeistert. Und: „Man hat Patientenkontakt und konnte ihnen direkt helfen. Es großartig zu sehen, wie glücklich sie sind, wenn sie zum Beispiel bei Cochlea-Implantaten richtig eingestellt sind.“
Für ihre Promotion, die sie wie schon die Masterarbeit, am Institut für Physik schreibt, aber an der HNO-Klinik durchführt, befasst sie sich nun mit der Entwicklung neuer objektiver Verfahren, um bereits während der Operation zum Einsetzen eines Mittelohr-Implantats herauszufinden, ob dieses funktioniert, das heißt die sogenannte Soundbridge (Tonbrücke) richtig angekoppelt ist. „Bisher kann man das erst nach der OP testen. Und des Weiteren forsche ich zu objektiven Verfahren in der Schwindeldiagnostik“, sagt Laura Fröhlich.