Pflegewissenschaftlerin Dr. Christiane Luderer und Ärztin Christiane Ludwig von der Universitätsmedizin Halle (Saale) haben vor einiger Zeit die Gelegenheit gehabt, an einer viertägigen Studienreise der Robert Bosch Stiftung nach Schweden teilzunehmen, um die dortige Lernkultur und didaktische Konzepte zum interprofessionellen Lernen kennenzulernen. Die Reise fand im Rahmen des Projektverbundes „Operation Team“ statt, in dem Projekte gefördert werden, die das Interprofessionelle Lernen in den Gesundheitsberufen in verschiedenen didaktischen Ansätzen und Settings etablieren.
Eines der geförderten Projekte, GReTL 2.0, wird gemeinsam von Vertretern verschiedener Gesundheitsberufe der Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums Halle umgesetzt. Unter dem Projektnamen GReTL verbirgt sich die Abkürzung „Gesundheitsberufe im reflexiven und transformativen Lernen“. Das Ziel des am Dorothea-Erxleben-Lernzentrum Halle etablierten Projektes besteht darin, angehende Pflegende und Mediziner/innen in gemeinsamen Lernstationen auf die zukünftige Zusammenarbeit vorzubereiten. Sie sollen die jeweiligen Zuständigkeiten der Gesundheitsberufe in Einzelfallbearbeitungen erkennen und auf andere Praxissituationen übertragen.
Mit dem Ziel des persönlichen Erfahrungsaustauschs besuchten die Projektmitarbeiterinnen verschiedene Gesundheitseinrichtungen der stationären und ambulanten Versorgung in Stockholm, mehrere Ausbildungsstationen und Hochschulen. Auch die Aual Medica des renommierten Karolinska-Instituts war für einen Vortrag von und den Austausch mit den Expertinnen für interprofessionelles Lernen, Margaretha Forsberg Larm und Maria Kvarnström darunter.
„Mich hat die extreme Wertschätzung der interprofessionellen Lehre seitens aller Berufsgruppen und die motivierend-freundliche Lernkultur enorm beeindruckt. Ich empfand die ehrlichen Einblicke in die Zusammenarbeit der schwedischen Kolleginnen und Kollegen als sehr angenehm“, sagt Dr. Luderer, die derzeit mit der wissenschaftlichen Projektkoordination von GReTL beauftragt ist. Christiane Ludwig ergänzt: „Diese Wertschätzung ist auch in der täglichen klinischen Praxis fühlbar gewesen, es gibt ganz andere Rahmenbedingungen für die klinische Arbeit als in Deutschland. Dies erleichtert auch die interprofessionelle Zusammenarbeit.“
Dies liegt, so sind sich beide einig, auch an der in Schweden etablierten Vollakademisierung der Gesundheitsberufe, die zwar nicht in jedem Fall zu einer klaren Abgrenzung der Zuständigkeiten führt, aber eine Diskussion auf Augenhöhe erleichtert. „Das, was die Kernbereiche der Pflege, der Therapie und der Medizin ausmacht, wird im akademischen Kontext und einer soliden klinischen Ausbildung vermittelt und dennoch gibt es berufsübergreifende gemeinsame Handlungsspielräume, die für die Patientinnen und Patienten von Vorteil sind“, erklärt Christiane Ludwig.
Echte interprofessionelle Zusammenarbeit bedeute, ständig im Austausch zu sein und sei vom gemeinsamen Ziel der maximalen Patientensicherheit geprägt, sagt Christiane Luderer. „Interprofessionelles Lernen beginnt zwar idealerweise während der Ausbildung, ist aber in jedem Stadium einer Berufsbiografie möglich. Wir arbeiten im Dorothea-Erxleben-Lernzentrum gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der Kliniken und verschiedener Einrichtungen Halles an weiteren Konzepten dazu“, ergänzt Christiane Ludwig.
Im Projektverbund „Operation Team“ der Robert Bosch Stiftung sollen solche und andere Themen auf weiteren Vernetzungstreffen diskutiert werden, um das interprofessionelle Lernen in den Gesundheitsberufen nach der Förderphase dauerhaft zu etablieren. „Ähnlich, wie eine Freundschaft gepflegt werden muss, damit sie erhalten bleibt, muss in interprofessionelles Lernen und interprofessionelle Zusammenarbeit investiert werden. Das haben wir mitgenommen und wir freuen uns, dass unsere Fakultät und Klinik dies unterstützen“, sagt Christiane Luderer.