Es war ein Testballon, doch der kam ausgesprochen gut an. 30 hallesche Medizin-Studierende haben sich damit befasst, bei zwei Patienten herauszufinden, welche Erkrankung diese haben könnten und dafür Behandlungsstrategien zu entwickeln. Und zwar anhand von virtuellen Patientenfällen, die in Nordamerika erstellt wurden und auf einer englisch-sprachigen Internet-Plattform präsentiert werden.
Federführend bei dem Projekt war Oberarzt Jens Walldorf von der Universitäts- und Poliklinik für Innere Medizin I (Direktor Prof. Dr. Patrick Michl). „Es gab zwei Gründe für die Idee. Einmal ergab sich das Projekt aus dem Aufbaustudium Master of Medical Education und zum zweiten bestand der Wunsch nach Veränderungen in der Lehre an der Medizinischen Fakultät Halle“, erklärt er.
Das heißt im Detail, dass Oberarzt Walldorf im Rahmen seines Studiums Projekte bearbeiten sollte, die sich mit der Verbesserung der Lehre beschäftigen, und er hat sich für das Thema „Virtuelle Patienten“ entschieden. „Das ist in Halle bisher unterrepräsentiert und wird aktuell nur an etwa der Hälfte der deutschen Medizinischen Fakultäten angeboten“, erklärt Walldorf. Das liege unter anderem daran, dass es aufwendig und teuer sei, realistische Fälle so aufzubereiten, dass diese sinnvoll verwendet werden können, aber auch daran, dass diskutiert worden sei, ob ein solches Angebot die Lehre voranbringe.
Den Nutzen hat er deshalb wissenschaftlich ausgewertet und publiziert (Journal of Medical Internet Research, DOI:10.2196/jmir.6040), dabei wurde auch die Fragen untersucht, ob ausländische Patientenfälle aufgrund von „kulturellen Unterschieden“, das heißt anderen ethischen Standards und Organisationsabläufen, anderen Leitlinien, oder auch einfach anderen Krankheitserregern in Deutschland funktionieren.
Walldorfs Fazit: „Man kann so relativ zielgerichtet Problemstellungen bearbeiten und den angehenden Ärzten praxisnah beibringen, die Diagnostik besonders häufiger Krankheitsbilder zu verinnerlichen, rasche Entscheidungen bezüglich der weiteren Behandlung zu treffen, aber auch seltene Fachgebiete und Erkrankungen erörtern. Es ist schließlich nicht möglich, für alle wichtigen Krankheitsbilder die passenden Patienten zu jeder Zeit für die Ausbildung zur Verfügung zu haben.“ Die Studierenden haben es als motivierend, klinisch relevant und interessant empfunden, obwohl die Fallbeschreibungen auf Englisch waren.“ Die Studierenden werden damit auf den Alltag als Ärzte vorbereitet, lernen Probleme zu erfassen und Abläufe zu organisieren, so Walldorf weiter.
Walldorfs Projekt bezog sich allerdings zunächst, aufgrund seiner fachlichen Herkunft, auf Fälle der Inneren Medizin. „Wir von der KIM I und das Team vom Skills Lab arbeiten aber daran, eigene Fälle auf die Beine zu stellen und zu programmieren. Dafür prüfen wir derzeit, wie aufwendig und schwierig das ist, damit nicht auf kommerzielle Angebote zurückgegriffen werden muss“, sagt der Oberarzt. Denn: „Virtuelle Patienten sind eine Bereicherung und man sollte dieses Angebot meiner Ansicht nach fest in der Lehre verankern, auch um in der Ausbildung der künftigen Mediziner den Anschluss zu wahren.“