Auf dem Uni-Platz herrscht reges Treiben an diesem 4. Oktober 2016. Das Wintersemester 2016/2017 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg beginnt und mit ihm der erste Jahrgang des neuen Studiengangs „Evidenzbasierte Pflege“ an der Medizinischen Fakultät. Der primärqualifizierende Studiengang ist in seiner Art einmalig in Deutschland, denn als Modellvorhaben ist die Befähigung zur Übernahme heilkundlicher Tätigkeiten enthalten. Neben dem Bachelorabschluss erwerben die Studierenden zudem den Berufsabschluss als Gesundheits- und Krankenpfleger/in.
Es gehe darum, die Versorgung zukunftssicher zu machen, sagte der Dekan Professor Dr. Michael Gekle bei der Pressekonferenz anlässlich der Begrüßung der ersten Studierenden des neuen Studiengangs. Das gehe mit Interprofessionalität einher, einem Verschwimmen beruflicher Grenzen im medizinischen Bereich. Mit den künftigen Absolventen werde die Lücke zwischen pflegerischem und ärztlichem Bereich geschlossen, so der Dekan.
Dafür ziehe man mit der Krankenkasse AOK Sachsen-Anhalt an einem Strang, die das Vorhaben finanziell unterstützt, so Prof. Gekle. Man begrüße den neuen Studiengang ausdrücklich, damit hätten Universität und Fakultät Weitsicht bewiesen, sagte Peter Klas, Leiter Krankenhausplanung und -verhandlung bei der AOK Sachsen-Anhalt. Man wisse, dass die demografische Entwicklung das Land vor Herausforderungen stellen werde, die Zahl der Pflegebedürftigen werde von 90.000 auf 120.000 ansteigen. Mit den Absolventen des Studiengangs, die eben auch heilkundliche Tätigkeiten bei Patienten mit Diabetes Typ II und chronischen Wunden übernehmen können, sei eine Entlastung der Ärzte und die Sicherung der Versorgung möglich.
„Es ist ein besonderer Tag“, sagte Christiane Becker, Pflegedirektorin am Universitätsklinikum Halle (Saale). Seit dem Beschluss vor einigen Jahren habe es einige Zeit gebraucht, bis der Studiengang nun Realität geworden sei. Die Entwicklung einer akademisierten Pflege brauche es aber unbedingt und dies werde sich auch auf den Alltag und die Stationsabläufe auswirken, sagte sie. Der Studiengang und die Qualifikation, die damit einhergehe, sei zudem eine Möglichkeit, Menschen für den Beruf zu begeistern. Dazu gehöre auch, dass die Ausbildung aus einer Hand, der der Medizinschen Fakultät, erfolge und von Anfang an gemeinsame Lehrveranstaltungen mit Studierenden der Humanmedizin stattfinden, ergänzte Prof. Dr. Anke Steckelberg vom Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaften. Auch werde damit die Forschung im Bereich der Pflege vorangebracht, denn die Studierenden sollen auch dazu ermutigt werden, Lücken zu identifizieren und selbst zu forschen.
Eine der ersten Studierenden des neuen Studiengangs ist Amira Herfurth. Die 26 Jahre alte Hallenserin hat sich ganz bewusst für den Studiengang entschieden. „Ich habe vorher eine andere Ausbildung gemacht und auch eine Weile in diesem Beruf gearbeitet. Doch dann habe ich mich entschlossen, mein Abitur nachzuholen und zu studieren“, erzählt sie. Etwas im medizinischen Bereich sollte es von Anfang an sein. Bei der Studienberatung der Universität Halle sei sie auf den neuen Studiengang aufmerksam gemacht worden. „Ich habe mir dann die Studieninhalte angeschaut und sie haben mich angesprochen. Auch, weil die Ausbildung integriert ist“, sagt sie. Es sei für sie interessant, dass sie Einblick in die Forschung sowie pflegepädagogische Aspekte erhalte. „Es wird anstrengend, aber ich freue mich drauf“, so die junge Frau. Beim Fototermin hat sie zumindest schon den ersten Teil ihrer Kommilitonen des neuen Studiengangs „Evidenzbasierte Pflege“ kennengelernt.