Die Ergebnisse der aktuellsten Befragung im Rahmen der WHO-Jugendstudie „Health Behaviour in School-aged Children“ (HBSC) haben für einiges Aufsehen gesorgt. Nun liegt der Abschlussbericht in gedruckter Form im Beltz-Juventa-Verlag vor (ISBN: ). Insbesondere an Mitarbeiter in der (Schul-) Sozialarbeit, Lehrer und politische Entscheidungsträger richtet sich die Publikation.
Die Leitung der Studie in Deutschland liegt bei Medizinsoziologe Prof. Dr. Matthias Richter von der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, der auch einer der Herausgeber des Buches ist. Prof. Richter sowie die wissenschaftliche Mitarbeiterin Irene Moor verantworten im gedruckten Abschlussbericht das Kapitel zum Substanzkonsum, das heißt zu Alkohol, Tabak und Cannabis, von Jugendlichen.
„Dabei ist herausgekommen, dass der Konsum von regelmäßigem Alkohol und alkoholbedingten Rauscherfahrungen bei Jungen und Mädchen erfreulicherweise zurückgegangen ist“, sagt Prof. Richter. Beim Thema Tabakkonsum wurde festgestellt, dass Jungen zum einen weniger regelmäßig rauchen als Mädchen, aber auch insgesamt weniger als vor der letzten Befragung vor vier Jahren. Dafür trinken sie allerdings mehr Alkohol als Mädchen. Waren es vor vier Jahren noch 27,6 Prozent der 15-jährigen Jungen und 14,8 Prozent der gleichaltrigen Mädchen, die wöchentlich zu Alkohol griffen, sind es jetzt 19,4 beziehungsweise 8,3 Prozent. Im Gegensatz dazu stieg der Cannabiskonsum im Vergleich zur vorherigen Befragung unter Jugendlichen an.
Nichtsdestotrotz sind nach wie vor deutliche Unterschiede bei den Schulformen auszumachen. Das heißt, dass Kinder und Jugendliche, die Haupt- und Realschulen oder Förderschulen besuchen, häufiger regelmäßig Alkohol und Tabak konsumieren, als jene, die auf ein Gymnasium gehen. Beim Cannabiskonsum stechen vor allem die Jugendlichen an Schulen mit integrierten Schulformen (z. B. Gemeinschaftsschulen) hervor.
Psychosomatische Beschwerden, ungesundes Ernährungsverhalten und exzessiver Medienkonsum treten ebenso häufiger an Haupt-, Real- und Förderschulen auf als an Gymnasien. Ebenso sind Mädchen und Jungen, die gleichzeitig mehrere gesundheitsschädliche Verhaltensweisen zeigen, deutlich häufiger an nicht-gymnasialen Schulformen zu finden. „Ein wichtiger schulischer Risikofaktor für die psychische Gesundheit ist Schüler-Mobbing. Betroffene Schüler berichten von einem schlechteren Gesundheitszustand, einer geringeren Lebenszufriedenheit und häufigeren psychosomatische Beschwerden als unbeteiligte Schüler. Erfreulicherweise ist der Anteil der Schüler, die Erfahrungen mit Mobbing als Täter oder Opfer machen, bundesweit rückläufig“, sagt Prof. Ludwig Bilz von der BTU Cottbus-Senftenberg. Dennoch ist dieses Phänomen an Haupt- und Förderschulen sowie an Schulen mit mehreren Bildungsgängen weiterhin verbreiteter als an Gymnasien und Realschulen.
Schwerpunktthema der aktuellen Erhebung war der Zusammenhang zwischen der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und ihren Erfahrungen im schulischen Umfeld. So zeigten weitere Ergebnisse, dass die erlebte Unterstützung von Seiten der Lehrer und Mitschüler in der Schule für die Gesundheit genauso wichtig sei, wie die elterliche Unterstützung, so Prof. Bilz.
Die HBSC-Studie untersucht unter Schirmherrschaft der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 1982 alle vier Jahre den Gesundheitszustand und das gesundheitsrelevante Verhalten von 11-, 13- und 15-Jährigen in Europa und Nordamerika. Insgesamt sind derzeit 44 Länder beteiligt. In Deutschland werden die Befragungen seit 1993/94 durchgeführt. Bundesweit sind 5.961 Schüler und Schülerinnen im Alter von 11, 13 und 15 Jahren aus 188 allgemeinbildenden Schulen und acht Förderschulen anonym, freiwillig und mit Einverständnis der Eltern befragt worden.
Dem deutschen Studienverbund gehören neben der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg auch die Universität Bielefeld, das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, die Frankfurt University of Applied Sciences, die Technische Universität Dresden und die Universität Tübingen an, die gemeinsam die HBSC-Studie Deutschland repräsentieren.
Kontakt zum Institut für Medizinische Soziologie der Medizinischen Fakultät Halle unter
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