Mit wissenschaftlichem Austausch den Horizont erweitern

Der wissenschaftliche Austausch über Ländergrenzen hinweg wird an der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität mehr und mehr ausgebaut und beruht dabei nicht unwesentlich auf dem persönlichen Engagement einzelner. Nicht nur, dass Nachwuchswissenschaftler/innen aus Halle im Ausland forschen, sondern ebenso kommen ausländische Forschende an die hallesche Universitätsmedizin zu Besuch.

Aaron Berger (l.) und Kriti Sood haben fünf Wochen in Halle verbracht.

So gibt es beispielsweise einen Austausch zwischen der Columbia University in New York City und der Medizinischen Fakultät in Halle im Rahmen des Präparierkurses am Institut für Anatomie und Zellbiologie. Jüngst waren mit Aaron Berger und Kriti Sood zwei Zahnmedizin-Studierende für fünf Wochen in Halle zu Gast, die zuvor Teil des internationalen Kurs-Projektes waren.

„Wir wurden in Halle herzlich willkommen geheißen und haben viel gelernt“, sagt Kriti, die nach ihrem Bachelor in Biologie und Immunologie nun an der Columbia Zahnmedizin studiert. „Die Fakultät ist kleiner als unsere und es gibt hier bereits im Studium eine größere Bandbreite im praktischen Bereich“, hat Aaron festgestellt. Er ist wie Kriti ab Herbst im zweiten Studienjahr und hat zuvor einen Bachelorabschluss in Business Administration erworben. „Das Bildungssystem ist da anders als in Deutschland“, sagt er. Man könne vor der „Medical School“ etwas völlig fachfremdes studiert haben.

In Halle haben sie vor allem ihren deutschen Kommilitonen über die Schulter geschaut. „Die Ausstattung und die Werkzeuge sind den unseren sehr ähnlich, da gibt es keine großen Unterschiede“, sagt Kriti.

Neben den Einblicken in den Alltag deutscher Zahnmedizin-Studierender blieb aber auch Zeit, die Umgebung näher kennenzulernen. So führte ein Ausflug mit Prof. Kielstein nach Berlin, ein anderer mit dem emeritierten Professor Bernd Fischer und dem Newcomers Club der halleschen Universität zum nahegelegenen Petersberg. Aber auch „little things“ (kleine Dinge), wie zum Frühstück ein Espresso auf dem halleschen Markt, seien ein Highlight gewesen, sagt Kriti. Und Aaron kam beim Lacrosse-Training sogar in den Genuss, mit der halleschen Uni-Mannschaft einer US-Ostküsten-typischen Sportart nachzugehen, die er selbst aktiv betrieben hat.

Gleichzeitig ist aber auch eine deutsche Doktorandin von Prof. Kielstein gerade im Rahmen ihrer Dissertation in New York. Zoe Vogel arbeitet in einer Forschungsgruppe mit, die zur gynäkologischen Abteilung gehört und ihren Forschungsschwerpunkt bei den lymphatischen Erkrankungen hat. „In diesem Kontext betrachten wir Lipödeme und die Beeinträchtigung der lymphatischen Strukturen unter anderem bei betroffenen Patienten. Mein Projekt befasst sich mit dem hormonellen Einfluss der Schwangerschaft auf die Ausbildung und Verschärfung von Lipödemen“, erklärt sie.

Die Forschungsgruppe sei sehr international und sie fühle sich sehr gut aufgehoben. „In einer so spannenden und vielseitigen Stadt wie New York zu sein, aber auch speziell an der Columbia, ist eine tolle Erfahrung und ich freue mich sehr die Chance zu haben, hier zu forschen, zu lernen und zu leben“, sagt Vogel. Sie ist mittlerweile bereits die zweite Studentin, die im Rahmen des wissenschaftlichen Austauschprogramms in New York forscht.

Die Zusammenarbeit mit der Columbia University geht auf das Engagement von Kielstein und ihrer New Yorker Kollegin Prof. Dr. Annette Wu zurück. Was zunächst als gemeinsames Projekt zum Präparierkurs in beiden Ländern mithilfe elektronischer Kommunikation übers Internet begonnen hatte, ist nun bereits im zweiten Jahr auch eines des persönlichen Austauschs.

Und auch mit der Oxford University in Großbritannien gibt es seit einigen Jahren einen wissenschaftlichen Austausch. Derzeit befinden sich gleich zwei Doktoranden in England und forschen in dortigen Labors. Max Büttner ist PhD-Student bei Prof. Kielstein am Institut für Anatomie und Zellbiologie, Adi Abdel-Haq Medizin-Doktorand in der Arbeitsgruppe des Tumorbiologen Prof. Stephan Feller am Institut für Molekulare Medizin. Beide halten sich gleich mehrere Monate in Oxford auf – Abdel-Haq zwölf, Büttner neun Monate.

Adi Abdel-Haq (l.) wird in Oxford von Dr. Dannielle Wellington (2.v.r.) und Max Büttner (r.) von Dr. Katharina Reglinski betreut. Prof. Feller (3.v.l.) ist maßgeblicher Initiator des HAL-OX-Programms.

Büttner arbeitet im Labor von Prof. Christian Eggeling, Abdel-Haq im Labor von Professorin Tao Dong, die beide am Weatherall Institute of Molecular Medicine der Uni Oxford angesiedelt sind.

Die Gruppe von Eggeling, der mittlerweile auch Professor an der Uni Jena ist, ist auf die Anwendung und Entwicklung von ultra-sensiblen Fluoreszenzmikroskopie-Methoden an lebenden Zellen spezialisiert, um nanoskopische Veränderungen auf dem molekularen Level zu enträtseln. Die Gruppe von Dong ist hingegen auf T-Zell-Forschung fokussiert und untersucht Faktoren, die T-Zellen bei der Kontrolle von Virusinfektionen und der Krebsentstehung beeinflussen.

Aus Oxford in Halle zu Gast war hingegen die PhD-Studentin Yvonne Yoko, die ursprünglich aus Kamerun stammt und wegen ihres PhD-Studiums mit ihrem kleinen Sohn nach Oxford gezogen ist. „Wir haben ihr für ihren zweimonatigen Aufenthalt sogar einen Kita-Platz für ihn organisiert“, erzählt Dr. Eva Kantelhardt vom Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik (IMEBI) der Medizinischen Fakultät, die das Projekt betreut, an dem Yoko arbeitet. Darin geht es vornehmlich um die statistische Auswertung von Daten im Zusammenhang mit Krebserkrankungen, die im Cancer Registry Network erhoben worden sind, und der Wirksamkeit von Therapien. „Erhoben wurden das Stadium, die Therapie und das Outcome, also das Ergebnis, aus elf Registrierungsstellen in zehn verschiedenen afrikanischen Ländern. Ich habe hier, vor allem am IMEBI, gelernt, die Daten auf die klinische Relevanz herunterzubrechen“, sagt Yoko. Ende September will sie mit der Auswertung fertig sein.

Yvonne Yoko (r.) arbeitet zusammen mit Dr. Eva Kantelhardt an einem Projekt.

Yoko ist Medizinerin und hat daran mitgearbeitet, die Register aufzubauen. Seit 2017 forscht sie nun in Oxford, wo sie und Kantelhardt sich erstmals getroffen haben. Ein weiteres Treffen erfolgte in Kigali, aus dem dann auch die Projektzusammenarbeit entstand.

„Es handelt sich um retrospektive Daten. Je mehr Daten wir haben, desto mehr Erkenntnisse können wir gewinnen“, sagt Kantelhardt. Es gehe auch darum, Krebs-Richtlinien für Afrika zu etablieren, zumal schon in einem einzelnen Land die Ungleichheit sehr groß sein könne. Kantelhardt forscht dazu bereits seit vielen Jahren und hat in diesem Zusammenhang eine angesehene und von diversen hochkarätigen Forschungsförderungen finanziell unterstützte Kooperation mit der Universität in Addis Abeba, Äthiopien, etabliert.

Der Austausch zwischen Halle und Oxford wird dabei vom HAL-OX Forschungsnetzwerk gefördert, das es seit einigen Jahren auf Betreiben von Feller in Halle gibt und dessen Finanzierung über den Europäischen Strukturfonds (ESF) bis 2022 gesichert ist.

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