Mit Rauch und Riten verabschiedet: Sterbliche Überreste indigener Australier kehren in ihre Heimat zurück

Der formelle Akt hat nur wenige Minuten gedauert: Zwei Unterschriften auf zwei Dokumenten und die sterblichen Überreste von fünf indigenen Australiern gingen aus den Meckelschen Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) in Verantwortung von Australien über. Doch die Zeremonie in der Australischen Botschaft in Berlin war sehr viel mehr, vor allem an Mitmenschlichkeit: Die Bereitschaft, Verantwortung für Menschen zu übernehmen, denen in der Vergangenheit viel Unrecht geschehen ist und die als „wissenschaftliche Objekte“ in diversen Sammlungen in Deutschland aufbewahrt wurden. Aber auch die Bereitschaft, zu Versöhnung, Heilung, Gerechtigkeit und der Stärkung von Familienbanden beizutragen, in dem diese Menschen in die Obhut ihrer Nachfahren gegeben wurden und nun in ihre australische Heimat zurückkehren. Und die Bereitschaft der Australischen Regierung, die indigenen Völker dabei zu unterstützen, wie Botschafterin Lynette Wood zum Ausdruck brachte.

An der sogenannten „Repatriation Ceremony“ nahmen von der halleschen Universitätsmedizin die Direktorin des Instituts für Anatomie und Zellbiologie (IAZ), Prof. Dr. Heike Kielstein, sowie der Vorsitzende des Fördervereins der Meckelschen Sammlungen und ehemalige Direktor des IAZ, Prof. Dr. Dr. Bernd Fischer, sowie der Leiter des Referats Hochschulmedizin im sachsen-anhaltischen Wissenschaftsministerium Uwe Paul teil. Außerdem waren die sächsische Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange und Vertreter von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zu Gast; das Bundesland gab sterbliche Überreste von 37 Menschen an Australien zurück.

„Ich bin dankbar für die Gelegenheit, Ihnen unsere Scham, unseren Dank und unsere große Erleichterung ausdrücken“, sagte Kielstein in ihrer Rede mit Blick zu den indigenen Anwesenden sowie auf die in nebeneinanderstehenden Kisten mit den sterblichen Überresten, die in der Mitte platziert worden waren. Es sei eine wichtige Lektion in Respekt und Verantwortung gewesen, so Kielstein, „it’s the least we can do“ – es ist das Mindeste, das wir tun können. „Ihre Plätze werden leerbleiben. Sie werden uns und unsere Studierenden, aber auch die Besucher der Sammlungen an das schreckliche und erschreckende Schicksal unserer Vorfahren erinnern.“

Die sterblichen Überreste seien bereits in den vergangenen acht Jahren immer abgedeckt gewesen. Zu diesem Zeitpunkt war der Kontakt zwischen der australischen Regierung und der halleschen Universität zustande gekommen. Im April 2011 hatte der damalige australische Botschafter sich mit der Bitte um Unterstützung an Sachsen-Anhalts Kultusministerium gewandt. Zwei Monate später meldete Prof. Rüdiger Schultka, damals der wissenschaftliche Leiter der Meckelschen Sammlungen, das Vorhandensein heute zurückgegebenen menschlichen Überreste in den Sammlungen. Ein gutes Jahr später sagte dann der damalige Kanzler der MLU, Dr. Martin Hecht, Australien die Repatriierung zu.

2019 fand diese nun in einer sehr emotionalen Zeremonie ihren Abschluss, an der auch indigene Vertreter teilnahmen. Diese dankten den Einrichtungen und Landesregierungen für die Bereitschaft der Rückgabe. Vergangene Woche hatten bereits in München und Stuttgart ähnliche Veranstaltungen stattgefunden.

Die Zeremonie in Berlin begann mit Rauch von Sandelholz – zum Reinigen der Luft, aber auch, um die Ahnen sich willkommen fühlen zu lassen. Nach dem Glauben der indigenen Australier können Ahnen diesen Rauch riechen. Es sei bei allem Unrecht, das ihren Vorfahren widerfahren sei, ein Tag der guten Gefühle, sagte der „Law Boss“ der Yawaru-Gemeinschaft Neil McKenzie.

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